Einleitung
Die Transfusionstherapie von Erythrozytenkonzentraten (EK) ist eine lebensrettende Behandlung von akuten oder chronischen Anämien, mit dem Ziel den Hämoglobin- (Hb) bzw. den Hämatokrit (Hkt)-Wert des Blutes zu erhöhen und eine ausreichende Gewebedurchblutung und Sauerstoffversorgung sicherzustellen [1]. Erythrozytenkonzentrate (EK) stellen eine begrenzte Ressource dar, da sie auf Spender:innen angewiesen sind [2]. Außerdem wird die Transfusion von EK mit Nebenwirkungen und Komplikationen in Verbindung gebracht und stellt somit auch ein potenzielles Risiko dar [3,4]. Studien zeigen, dass eine Evidenz zu belastbaren Hämoglobin-Schwellenwerten aus randomisierten kontrollierten Studien fehlt [5–7]. Zusammen mit dem interdisziplinären Team erfordert der klinische Alltag von Perfusionist:innen eine verlässliche und auf physiologischen Fakten basierende Indikationsstellung von EK.
Die vorliegende Arbeit hat anhand einer retrospektiven Datenerhebung heterogene Transfusionstrigger von EK bei Neugeborenen und Säuglingen in der kongenitalen Herzchirurgie eruiert. Dies hat zum Ziel, als evidenzbasierte Entscheidungshilfe zur Transfusionsindikation für die klinische Praxis zu dienen. Die Auswertungen der Befragung von drei Expert:innen dieses Fachbereichs flossen in die Diskussion ein. Die wissenschaftliche Fragestellung der vorliegenden Arbeit bezog sich auf die klinische Praxis bei herzchirurgischen Eingriffen mit kardiopulmonalem Bypass (CPB): Welches sind die Entscheidungshilfen für Transfusionstrigger bei Neugeborenen und Säuglingen? Der zentrale Schwerpunkt dieser Literaturarbeit lag auf der Patient:innenpopulation der termingeborenen Neugeborenen und Säuglingen, also vom 1. Lebenstag bis zum 12. Lebensmonat [8]. Erythrozyten zu transfundieren ist eine multifaktorielle Entscheidung und sollte individuell anhand anamnestischer, klinischer und laborchemischer Befunde getroffen werden [1].
Das Myokard von Neugeborenen und Säuglingen enthält proportional weniger kontraktiles Gewebe, wodurch die Fähigkeit eingeschränkt ist, das Herzzeitvolumen bei einer blutungsbedingten Reduktion der Sauerstofftransportkapazität zu steigern. Neugeborene kompensieren eine Anämie zudem nur verzögert, da die Produktion von Erythropoetin vermindert ist. Diese Effekte sind bei jüngeren und unreiferen Kindern ausgeprägter, wobei ein Herzvitium die Auswirkungen zusätzlich verstärkt [9,10]. Daten aus dem Hämovigilanzsystem des Ver- einigten Königreichs («The Serious Hazards of Transfusion», SHOT) zeigen, dass das Risiko einer unerwünschten Transfusionsreaktion bei Neugeborenen und Säuglingen 37 pro 100.000 beträgt, während es bei Erwachsenen bei 13 pro 100.000 liegt [11]. Studien belegen, dass die Transfusion von EK bei Neugeborenen und Säuglingen mit einer signifikant erhöhten Mortalität und Morbidität einhergeht. Dazu zählen postoperatives Nierenversagen, verlängerte Beatmungszeiten, ein erhöhter Bedarf an Vasoaktiva und ein gesteigerter Blutverlust in der postoperativen Phase [12,13]. Auch die direkte Verabreichung von EK in das arterielle System während des CPB zeigte ähnliche negative Effekte [14]. Es ist essenziell, den therapeutischen Nutzen der Verabreichung von Blutkomponenten sorgfältig gegen die Risiken unerwünschter Ereignisse abzuwägen und die Kinder zu identifizieren, die tatsächlich von einer EK-Transfusion profitieren.
Die sogenannten physiologischen Transfusionstrigger sollten bei der Indikationsstellung für die Transfusion von EK berücksichtigt werden [1]. Dabei handelt es sich um klinische Symptome, die bei einer nachgewiesenen Anämie auf eine Sauerstoffunterversorgung hinweisen. Anhand der Forschungsliteratur galt es zu untersuchen, welche physiologischen Transfusionstrigger sich zur Indikationsstellung von EK speziell am CPB eignen. Kardiopulmonale Symptome umfassen Tachykardie (mehr als 120–130 % des Ausgangswertes), Hypotension (arterieller Mitteldruck unter 70–80 % des Ausgangswertes), einen Abfall des arteriellen Mitteldrucks unklarer Genese sowie Dyspnoe. Ischämiebedingte EKG-Veränderungen beinhalten neu auftretende ST-Strecken-Senkungen oder -Hebungen sowie neu auftretende Rhythmusstörungen. Globale Indizes einer unzureichenden Sauerstoffversorgung sind ein Anstieg der globalen Sauerstoffextraktion um mehr als 50 % (O₂ER), ein Abfall der Sauerstoffaufnahme um mehr als 10 % vom Ausgangswert, ein Abfall der gemischtvenösen Sauerstoffsättigung unter 60 %, ein Abfall der gemischtvenösen PO₂ unter 32 mmHg, ein Abfall der zentralvenösen O₂-Sättigung unter 60 % und eine Laktatazidose (Serum-Laktat >2 mmol und Azidose) [1].
Es gilt zu beachten, dass diese Aufzählung aus dem Erwachsenenbereich stammt und bislang nicht hinreichend geklärt ist, inwieweit diese Transfusionstrigger auf die pädiatrische Population im Zusammenhang mit dem CPB anwendbar sind. Weitere Studien sind notwendig, um deren Relevanz und Gültigkeit in der pädiatrischen Herzchirurgie zu überprüfen.
Historie
Die pädiatrische und neonatale Transfusionspraxis hat sich in den letzten 30 Jahren erheblich verändert. In den 1970er und 1980er Jahren wurde angestrebt, den Hkt bei Neugeborenen durch Transfusionen bei ≥40 % zu halten [15]. Eine Studie von Shannon et al. führte zu restriktiveren Transfusionsrichtlinien, und die TRIPICU-Studie von Lacroix et al. zeigte, dass ein restriktiver Hkt-Schwellenwert von 21 % bei kritisch kranken Kindern sicher ist [16,17,18]. Weitere Studien bestätigten den Nutzen restriktiver Transfusionsstrategien, insbesondere bei Kindern mit Univentrikelphysiologie [19,20]. Dennoch werden in der Praxis häufig höhere Hkt-Grenzwerte verwendet, was unnötige Risiken birgt [21–23].
Das Patient Blood Management (PBM) ist ein evidenzbasiertes Konzept zur Verbesserung der Patientenversorgung durch Prävention und Behandlung von Anämie, Optimierung der Hämostase und Minimierung des Blutverlusts. Seit 2016 wird PBM auch in der Pädiatrie angewandt, findet dort jedoch bislang noch wenig Verbreitung. Wittenmeier et al. empfehlen, PBM in der Pädiatrie konsequent zu etablieren [9].
Entwicklungstechnischer Hintergrund
Zum Zeitpunkt der Geburt besteht das Hämoglobin des Neugeborenen zu etwa 80 % aus fetalem Hämoglobin (HbF) und zu 20 % aus adultem Hämoglobin (HbA). Der Anstieg des postnatalen Sauerstoffpartialdrucks führt zu einem schnellen Abfall der Erythropoetin-Konzentration, was die Hämoglobinsynthese und Erythrozytenproduktion verringert. Innerhalb des ersten Tages sinkt die Erythrozytenproduktion um das Zwei- bis Dreifache und nach einer Woche um das Zehnfache. Dies führt in Verbindung mit niedriger Flüssigkeitszufuhr zu einer physiologischen Polyglobulie. Etwa mit acht Wochen erreichen Säuglinge die niedrigste Hämoglobinkonzentration, ein Vorgang, der als Trimenonreduktion bezeichnet wird. Nach der Geburt sinkt der Anteil an HbF schneller als der von HbA. Nach drei Monaten beträgt der Anteil des HbF etwa 10 %, nach sechs Monaten ist es vollständig abgebaut. Einige physiologische Eigenschaften von HbF bleiben noch Wochen nach der Geburt bestehen [24–26]. Tabelle 1 zeigt eine Übersicht der Hämoglobinwerte bis zum ersten Lebensjahr.
In dieser Arbeit werden die Hb- und Hkt-Grenzwerte vereinheitlicht und ausschließlich in Hkt angegeben, da in der Literatur der Perfusiologie der Hkt als zentraler Wert betrachtet wird, insbesondere im Zusammenhang mit der Dilution durch das Priming des CPB, die eine zentrale Rolle spielt [15]. In der Forschungsliteratur werden die beiden Laborwerte teils variierend angegeben, wobei entweder der Hkt oder das Hb her- angezogen wird. Zur Umrechnung dient die Formel: Hkt = Hb (g/dl) × 2.941 [27].

Material und Methoden
Um die Forschungsfrage zu beantworten, wurden eine systematische Literaturrecherche sowie Expert:innenbefragungen durchgeführt, kombiniert aus quantitativen und qualitativen Ansätzen. Die Ergebnisse wurden strukturiert bewertet, systematisch analysiert, interpretiert und diskutiert.
Literaturrecherche
Die systematische Literaturrecherche orientierte sich am Leitfaden für systematische Reviews von Riley et al. und wurde als Flussdiagramm nach PRISMA (Preferred Reporting Items for Systematic Reviews and Metaanalysis) gemäß Page et al. dokumentiert [28,29]. Das entsprechende Flussdiagramm ist in Abbildung 1 dargestellt. Folgende vier Datenbanken wurden für die Literaturrecherche durchsucht:
- MEDLINE (OvidSP) (Ovid MEDLIN(R) ALL (1946-21/3/2024)
- Embase (OvidSP) (1946-21/3/2024)
- Cochrane Library (Wiley (CDSR, Protocols, CENTRAL (1996-Present))
- CINAHL (EBSCO) (CINAHL with Full Text (1981-Present)
Ein medizinischer Informationsspezialist der Universitätsbibliothek Bern entwickelte die Suchstrategie für MEDLINE, die anhand einer Kernreferenzliste überprüft wurde. Diese bildete die Grundlage für weitere Suchstrategien, basierend auf datenbankspezifischem kontrolliertem Vokabular, Indexbegriffen, Freitextbegriffen, Synonymen, Akronymen und alternativen Begriffen. Es wurden keine Beschränkungen hinsichtlich Studientypen, Sprache oder Publikationsjahren angewandt, um alle relevanten Ergebnisse zu berücksichtigen. Die tabellarische Übersicht der datenbankspezifischen Suchstrategie findet sich im digitalen Supplement zu diesem Artikel.
Verwendete Suchbegriffe waren:
«newborn», «infant», «congenital heart disease», «red blood
cells transfusion trigger»
Die finale Suche erfolgte am 22.03.2024, und die Ergebnisse wurden im RIS-Format in das Web-Tool Covidence importiert, dedupliziert und in zwei Screening-Schritten geprüft [30]. Studien mit hoher Evidenz und Relevanz wurden ausgewählt und anhand der Bewertungsrichtlinien der Cochrane Collaboration zusammengefasst und bewertet [31]. Um einen «Confirmation Bias» zu vermeiden, wurde aktiv nach Literatur gesucht, die eine Notwendigkeit eines hohen Hkt-Grenzwertes während der CPB unterstützt und damit den wissenschaftlichen Konsens in Frage stellt.
Befragung der Expert:innen
Ziel der Befragung war es, Fachpersonen mit fundiertem Wissen zur Forschungsfrage zu konsultieren. Die Expert:innen wurden anhand der wissenschaftlichen Literatur identifiziert und eingeladen. Befragt wurden eine ehemalige Leitung Kinderanästhesie, eine Leitung Kardiotechnik mit Forschungsschwerpunkt auf blutfreiem CPB-Priming und Miniaturisierung sowie ein:e Expert:in für Kinderkardioanästhesie. Alle Beteiligten erhielten vorab den Interviewleitfaden. Die Interviews wurden per Videotelefonie durchgeführt, mit schriftlicher Einwilligung aufgezeichnet und wörtlich transkribiert. Die Auswertung folgte der «qualitativen Inhaltsanalyse» nach Mayring sowie dem Working Paper von Weber und Wernitz [32,33]. Ein induktiv-deduktives Kategoriesystem strukturierte die Textpassagen, die fortlaufend überprüft und angepasst wurden. Relevante Textstellen wurden paraphrasiert, kategorisiert und tabellarisch zusammengefasst. Die Erkenntnisse wurden auf die Forschungsfrage bezogen, interpretiert und diskutiert. Der Interviewleitfaden der Befragung befindet sich im digitalen Supplement zu diesem Artikel.
Basierend auf den Erkenntnissen wurde eine evidenzbasierte Entscheidungshilfe in Form eines Flussdiagramms entwickelt (Abb. 2 und 3). Die tabellarische Übersicht der Ergebnisse dieser Arbeit bot die Grundlage für die evidenzbasierte Entscheidungshilfe und findet sich im digitalen Supplement zu diesem Artikel.

Ergebnisse der Forschungsliteratur
Bohuta et al. verglichen retrospektiv zwei CPB-Priming-Strategien bei 99 Neugeborenen: Eine Blood-Prime-Gruppe (Hkt ≥24 %) mit allogenen Blutprodukten und eine Clear-Prime-Gruppe mit Kristalloiden. Letztere wies kürzere Beatmungs- und Hospitalisationszeiten auf. Ein Hkt von 24 % und transfundierte Mengen <57 ml/kg EK wurden als sicher bewertet, solange keine Hinweise auf unzureichende Gewebsoxygenierung vorlagen [34]. De Gast-Bakker et al. zeigten in einer randomisierten Studie, dass restriktive Transfusionstrigger (Hkt 23 %) bei kürzeren Krankenhausaufenthalten ebenso sicher sind wie liberale Transfusionstrigger (Hkt 31 %) [35]. Faraoni et al. empfahlen in den NATA-Leitlinien restriktive Strategien (Hkt >24 %) unter Berücksichtigung klinischer Parameter wie die Nah-Infrarotspektroskopie (NIRS) und Serum-Laktat [36]. Machovec und Jooste betonten, dass ein Hkt von 24 % bei stabilen Patienten ausreicht, während bei zyanotischen Herzfehlern höhere Werte notwendig sein könnten [37]. Murin et al. belegten, dass ein Hkt von 24 % am CPB bei 615 Neugeborenen sicher ist und eine spätere Transfusion bei stabilen NIRS-Werten Vorteile bietet [38]. New et al. empfahlen für zyanotische Neugeborene Hkt-Werte >25 % und für azyanotische Hkt-Werte von 20–23 %. Sie betonten die Bedeutung von Überwachungsparametern wie NIRS und Serum-Laktat [39]. Newburger et al. verglichen Hkt-Werte von 25 % und 35 % bei azyanotischen Herzvitien und fanden keine Unterschiede in der Mortalität oder neurologischen Entwicklung [40]. Reagor et al. und Tadphale et al. belegten, dass höhere CPB-Flüsse (≥3 l/min/m²) und ein Hkt >32 % die Nierenfunktion verbessern und die Inzidenz von AKI reduzieren [41,42]. Wilkinson et al. zeigten in einem systematischen Review, dass restriktive Transfusionsstrategien (Hkt 21–26 %) ebenso sicher sind wie liberale (Hkt 28–38 %), jedoch in einzelnen Studien längere Beatmungszeiten aufwiesen [43].
Ergebnisse zur Befragung der Expert:innen
Die Expert:innen empfahlen Hkt-Werte von 24–25 % am CPB, ohne zwischen zyanotischen und azyanotischen Vitien zu unterscheiden. In der Kühlphase tolerierten sie niedrigere Werte (20–24 %). In der Weaningphase strebten sie bei korrigierten Vitien Hkt-Werte von 25–30 % und bei zyanotischen Vitien Werte bis 36 % an. Transfusionstrigger waren NIRS, Serum-Laktat, zentralvenöse Sauerstoffsättigung (>70 % bei zyanotischen Vitien) und Sauerstoffkapazität (DO2 ≥273–350 ml/ min/m², abhängig vom Gewicht). Eine tabellarische Übersicht der Expert:innenbefragung findet sich im digitalen Supplement zu diesem Artikel.
Diskussion
Newburger et al. und Wypij et al. empfehlen basierend auf Ib-Evidenz nach Agency for Health Care Policy and Research (AHCPR) einen Hkt-Grenzwert von >25 % für Neugeborene und Säuglinge am CPB [40,44]. De Gast-Bakker et al. zeigten, dass ein Hkt-Grenzwert von 23 % während des CPB ausreicht und keine negativen Effekte zur Folge hat [35]. Budak et al., Karimi et al. und Murin et al. bestätigten mit IIa-Evidenz, dass ein Hkt-Wert von 24 % sicher ist [38,45,46]. Keine der Studien differenzierte zwischen zyanotischen und azyanotischen Vitien. Die Expert:innenbefragung bestätigte dies und verwies auf die vollständige Sauerstoffsättigung durch die Membranoxygenierung.
Die systematische Literaturrecherche zeigte, dass keine Studien zu Hkt-Grenzwerten in der Weaningphase vorliegen, obwohl diese Phase mit myokardialer Dekompensation, Kreislaufinstabilität und Blutungen höhere Hkt-Werte erfordern könnte. Postoperative Studien legen nahe, dass ein Hkt-Wert von 21 % bei azyanotischen und bis zu 26 % bei zyanotischen Vitien angestrebt werden sollte [18,47]. Die Expert:innenbetrachtungen stimmen mit den Literaturergebnissen überein, zeigen jedoch die Notwendigkeit einer interdisziplinären Abstimmung, insbesondere bei komplexen Patient:innen. Matte und Oldeen et al. unterstreichen diese These, indem sie hervorheben, wie wichtig eine strukturierte Vorgehensweise bei der Perfusion ist. Sie empfehlen außerdem die Entwicklung und Implementierung einer klinikinternen Standard Operating Procedure (SOP), um die Versorgung zu standardisieren und eine interdisziplinäre Abstimmung zu erleichtern [48–50].
Abschließend ist festzustellen, dass weitere Forschung notwendig ist, um Erkenntnisse zu validieren und zu erweitern. Die bestehende Evidenz stammt überwiegend aus kleinen Studien, die möglicherweise Verzerrungen aufweisen und deren Ergebnisse nur eingeschränkt generalisierbar sind. Ressourcenmangel und eine geringe Zahl potenzieller Teilnehmer:innen erschweren umfangreichere Studien. Ein festgelegter Transfusionstrigger in Zusammenschau von NIRS, Serum-Laktat, Base Excess, Sauerstofftransportkapazität, Diurese, Herzfrequenz und dem Inotropika-Bedarf sind wich- tige Parameter zur Evaluierung und die individuelle Anpassung des Transfusionstriggers auf den Patienten.
Limitation
Die vorgestellten Studien weisen einige Limitationen auf, die bei der Interpretation der Ergebnisse berücksichtigt werden sollten. Bohuta et al. führten eine monozentrische retrospektive Kohortenstudie durch, deren Ergebnisse aufgrund der kleinen Kohortengröße und der retrospektiven Gruppeneinteilung möglicherweise eingeschränkte Generalisierbarkeit aufweisen [34]. Zudem ist aufgrund der fehlenden Langzeitbeobachtung keine Aussage über langfristige Folgen möglich. Ähnliche Einschränkungen betreffen die Studie von De Gast-Bakker et al., in der keine Angaben zur Randomisierungsstrategie gemacht wurden, was potenzielle Verzerrungen bei der Gruppenzuweisung nach sich ziehen könnte [35]. Auch hier fehlen Informationen zu langfristigen Ergebnissen, und die Übertragbarkeit der Ergebnisse auf andere Patientenkollektive oder Institutionen ist ungewiss. Weitere methodische Schwächen zeigen sich insbesondere in der unzureichenden Dokumentation der Literaturselektion und -bewertung in systematischen Reviews, wie bei Faraoni et al. und Machovec und Jooste [36,37]. Die uneinheitliche Darstellung von Zielwerten, fehlende Transparenz bei Suchstrategien sowie die potenzielle Subjektivität schränken die Aussagekraft dieser Arbeiten ein. Ebenso können Limitationen durch heterogene Patient:innenpopulationen und Protokollunterschiede in multizentrischen Studien, wie bei Tadphale et al., die Vergleichbarkeit und Validität der Ergebnisse beeinträchtigen [42]. Die meisten Studien, wie auch die von Newburger et al. und Murin et al., bieten keine Langzeitbeobachtungen, so dass Rückschlüsse auf langfristige Auswirkungen nicht möglich sind [38,40]. Schließlich bleibt in vielen Studien die Frage offen, inwieweit die Ergebnisse auf andere Populationen oder klinische Settings übertragbar sind, was die praktische Anwendbarkeit der gewonnenen Erkenntnisse einschränkt. Auch die durchgeführte Expert:innenbefragung weist methodische Limitationen auf. Die Auswahl erfolgte zielgerichtet, jedoch war die Anzahl der Befragten begrenzt, was die Generalisierbarkeit der Ergebnisse einschränken könnte. Darüber hinaus ist bei qualitativen Befragungen immer ein gewisses Maß an Subjektivität der Antworten nicht auszuschließen, was die Interpretation der Ergebnisse beeinflussen kann.
Schlussfolgerungen
Beim CPB-Priming wird bei einem dilutierten Hkt-Wert von >25 % das Clear-Prime-Verfahren empfohlen, bei niedrigeren Werten die Zugabe von EK. Während des CPB und postoperativ kann bei stabilen Verhältnissen und einem Hkt-Wert >25 % auf EK verzichtet werden, sofern keine Gewebehypoxie vorliegt. Bei Parametern wie niedrigen NIRS-Werten oder erhöhtem Serum-Laktat sind Flusssteigerung oder Hämofiltration vorrangig; bei ausbleibender Verbesserung ist eine EK-Transfusion indiziert.
In der Weaningphase gelten die postoperativen Empfehlungen: Ein Ziel-Hkt von etwa 21 % genügt bei azyanotischen oder korrigierten zyanotischen Vitien, während bei zyanotischen Vitien oder palliativen Eingriffen Hkt-Werte ≥26 % anzustreben sind. Zeichen einer Gewebehypoxie erfordern höhere Werte. Weitere Forschung ist notwendig, um die Evidenzlage zu stärken. So kann zusammengefasst werden, dass eine restriktive Transfusionsstrategie bei optimiertem CPB-Protokoll sicher ist und postoperative Komplikationen minimieren könnte, sofern klinische Parameter und individuelle Patienteneigenschaften berücksichtigt werden.
Interessenkonflikte
Dieser Artikel basiert auf einer Masterarbeit im Rahmen des Studiengangs Master of Advanced Studies Cardiovascular Perfusion der Careum Hochschule Gesundheit, als Teil der Kalaidos Fachhochschule Schweiz. Es bestehen keine Interessenkonflikte, die die Inhalte oder Ergebnisse dieses Artikels beeinflusst haben könnten.


Danksagung
Besonderer Dank gilt Prof. Dr. med. D. Günsch, leitender Arzt Anästhesie des Universitätsspitals Bern für seine wertvolle Unterstützung und die fachlichen Impulse, die wesentlich zum Gelingen dieser Arbeit beigetragen haben.