HINTERGRÜNDE VON EXTRAKTIONSEINGRIFFEN
Mit der ersten Herzschrittmacherimplantation im Jahre 1958 durch den Herzchirurgen Ake Senning und den Arzt und Ingenieur Rune Elmqvist begann im Karolinska Hospital in Stockholm die beispiellose Erfolgsgeschichte der kardial implantierbaren elektronischen Herzrhythmusimplantate (CIED = cardial implantable electronic devices). Nachdem Herzschrittmacher (HSM) bei Patienten mit bradykarden Rhythmusstörungen durch eine elektrische Stimulation der entsprechenden Herzkammern eine ausreichende Herzfrequenz sichern konnten, wurden Systeme zur Behandlung lebensbedrohlicher ventrikulärer Tachykardien gesucht und entwickelt [1–11]. Zwar war bereits ebenfalls seit 1958 der erste externe, damals noch 90 kg schwere Johns Hopkins Defibrillator in wenigen Krankenhäusern verfügbar, aber bis der Herzchirurg Levi Watkins 1980 am Johns Hopkins Hospital in Baltimore einen ersten automatischen implantierbaren Cardioverter-Defibrillator (AICD) zur eigenständigen Behandlung von ventrikulären Herzrhythmusstörungen einem Menschen implantieren konnte, vergingen noch mehrere Jahrzehnte der intensiven Entwicklung, die insbesondere der Arzt Mieczyslaw Mirowski prägte [12– 13]. So erhalten heutzutage Patient:innen diese Systeme, wenn sie entweder zur Primärprophylaxe vor dem plötzlichen Herztod (überdurchschnittlich hohes Risiko für das Auftreten ventrikulärer Herzrhythmusstörungen) oder zur Sekundärprophylaxe (Menschen, die eine lebensbedrohliche ventrikuläre Rhythmusstörung bereits überlebt haben) vor erneut auftretenden Kammerereignissen geschützt werden sollen [14]. Zuletzt etablierte sich noch eine dritte große Säule der kardialen elektronischen Rhythmusimplantate – die kardiale Resynchronisationstherapie (CRT). Nachdem 1995 der Herzchirurg Andrew Foster unter einer biventrikulären Stimulation positive hämodynamische Effekte bei Herzen mit eingeschränkter Pumpfunktion und Linksschenkelblock (LSB) bemerkte, wurde diese spezielle Stimulationsform u. a. von Christophe Leclercq zur Behandlung einer schweren Herzinsuffizienz aufgegriffen [15,16]. Hierbei werden die beiden Ventrikel mit jeweils einer separaten Elektrode verbunden. Auf diese Weise kann das angeschlossene CRT-System die intraventrikuläre Leitungsverzögerung durch eine zeitlich korrigierte Stimulation der beiden Herzhauptkammern resynchronisieren. So schlagen anschließend die Ventrikel wieder im richtigen zeitlichen Abstand zueinander, was die ventrikulären Füllungs- und Austreibungszeiten optimiert und die kardiale Pumpleistung wieder zu verbessern vermag. Aus diesen Zielen definieren sich auch die entsprechenden Indikationen bei Patient:innen, die unter einer hochgradig reduzierten linksventrikulären Pumpfunktion (LVEF < 35 %) in Verbindung mit einem relevanten LSB leiden [17].
Aktuell werden in Deutschland jährlich über 138.000 Device-Eingriffe durchgeführt, die sich in 98.927 HSM und 39.192 ICD-Operationen (Stand 2020) unterteilen [18,19,20] (Abb. 1).

Eigene Darstellung auf Grundlage der Jahresberichte des Deutschen Pacemaker-Registers [18] sowie des AQUA- [19] bzw. IQTIG- [20] Instituts
Interessanterweise findet sich unter den jährlichen Eingriffszahlen ein steter Anteil an Revisionsoperationen, der in Bezug zur Gesamteingriffszahl beispielsweise 2020 10,3 % der HSM und 19,8 % der ICD-Eingriffe betrug. Hieraus ergibt sich, dass ungeplante Folge- bzw. Korrektureingriffe zu einem relevanten Anteil notwendig werden und weiterhin, dass hierbei Sondenprobleme und Infektionen einen hohen Anteil der Indikationen darstellen (Abb. 2). Im Rahmen dieser Eingriffe müssen häufig Elektroden ausgetauscht oder entfernt werden, was umfangreiche Extraktionsmaßnahmen beinhalten kann.

Eigene Darstellung auf Grundlage der Jahresberichte des Deutschen Pacemaker-Registers [18] sowie des AQUA- [19] bzw. IQTIG- [20] Instituts
Die Entfernung implantierter kardialer Rhythmusimplantate repräsentiert für Chirurgen seit Anbeginn der Device-Therapie eine ernsthafte Herausforderung. Zwar können die heutzutage zumeist pektoral – selten abdominal – platzierten Aggregate in der Regel gut erreicht und entfernt werden, allerdings beinhaltet die Entfernung der mitunter über Jahre fest eingewachsenen, teils verkalkten Elektroden große Risiken für relevante Gefäß- oder Herzwandverletzungen. Diese können zu lebensbedrohlichen Blutungen führen, die neben dem zugrundeliegenden Volumendefizit auch durch eine Perikardtamponade zu einer massiven Kreislaufdekompensation führen können.
Aufgrund der perioperativen Blutungsrisiken und fehlender alternativer Methoden wurden bis Mitte/Ende der 1990er Jahre die einliegenden Elektroden zumeist durch eine mediane Thorakotomie unter Einsatz einer Herz-Lungen-Maschine (HLM) entfernt. Ende der 1990er Jahre begannen sich dann aber perkutane Extraktionsmethoden durchzusetzen, die sich aufgrund ihrer geringeren Invasivität zunehmend etablierten. Zudem ergab sich durch eine deutliche Zunahme der implantierten Systeme auch rein numerisch eine ansteigende Zahl an notwendigen Systementfernungen und somit eine Zunahme der Extraktionseingriffe.
INDIKATIONEN UND KOMPLIKATIONSRATEN VON DEVICE- BZW. ELEKTRODENEXTRAKTIONEN
Aufgrund des zunehmenden Bedarfs an Extraktionseingriffen fand sich ein Expertengremium der North American Society of Pacing and Electrophysiology (NAS- PE) für eine „Lead Extraction Conference“ zusammen, die im Jahre 2000 erstmals Indikationen und Methoden der Elektrodenextraktion definierte und internationale Empfehlungen zur Entfernung dieser Systeme verfasste [21]. Dieses Statement fand international eine große Beachtung und wurde 2009 durch ein erweitertes internationales Nordamerika und Europa umfassendes Expertengremium überarbeitet. Die Schirmherrschaft dieser Empfehlungen übernahmen Fachgesellschaften wie die Heart Rhythm Society (HRS), American College of Cardiology (ACC), American Heart Association (AHA) und die European Society of Cardiology (ESC). Neben Indikationen und Methoden waren insbesondere Trainings für perkutane Extraktionsmaßnahmen sowie das Patientenmanagement wichtige Themen dieses Experten-Consensus [22]. In den Folgejahren kam es zu ergänzenden Empfehlungen zur Sondenextraktion und der Therapie von Device-Infektionen, u. a. durch die European Heart Rhythm Association (EH- RA) im Jahr 2012 oder durch die British Society for Antimicrobial Chemotherapy (BSAC), die British Heart Rhythm Society (BHRS) und die British Cardiovacular Society (BCS) im Jahr 2015. Letztlich forcierten diese die erneute Überarbeitung der internationalen Empfehlungen, so dass 2017 das derzeit letzte internationale „HRS Consensus Statement“ als Empfehlung zur Elektrodenextraktion entstand [23]. Die Integration zusätzlicher Themen wie die Infektionsbehandlung, Aspekte der Ausbildung und Qualifikation der Operateure oder ergänzende Extraktionsindikationen – beispielweise die Anzahl vorhandener Elektroden oder der Patientenwunsch als Klasse-2-Indikation – führte zu einer beträchtlichen Zunahme des Umfangs der Empfehlungen auf über 150 Seiten. Dennoch schienen der European Heart Rhythm Association (EHRA) nicht alle Empfehlungen ausreichend behandelt, weshalb ein Expert Consensus Document im Jahre 2018 nochmals ergänzende Themen wie die wissenschaftliche Aufarbeitung der Extraktionen und die bestehenden Wissenslücken „gaps in evidence“ aufgriff [24].
Im deutschen Gesundheitssystem finden sich im internationalen Vergleich stark differierende Krankenhaus- und Fachbereichsstrukturen in der HSM- und ICD-Versorgung und insbesondere bei den Extraktionseingriffen. Während in den meisten Ländern weltweit überwiegend Elektrophysiologen diese Eingriffe in EPU-Laboren durchführen und nur eine begrenzte chirurgische Unterstützung fordern und erhalten, besteht in Deutschland eine erfreulich enge und flächendeckende Zusammenarbeit zwischen Kardiolog:innen und Herzchirurg:innen. Auf diese Weise ergänzen sich hierzulande die jeweiligen Kompetenzen und Eingriffe. Eingriffe, die eine höhere chirurgische Expertise erfordern bzw. gravierendere Komplikationsrisiken beinhalten, erfolgen häufiger durch Herzchirurg:innen oder werden durch diese begleitet. Diese intensive Zusammenarbeit zeigt sich auch darin, dass 75 der insgesamt über 800 implantierenden deutschen Zentren der Herzchirurgie zuzuordnen sind und diese 2020 12,8 % aller deutschen HSM und 29,7 % der ICD-Eingriffe durchführten. Noch deutlicher wird die chirurgische Unterstützung bei den Revisionseingriffen, die zu 24,7 % (HSM) bzw. 29,7 % (ICD) in herzchirurgischen Kliniken erfolgten [25]. So erklärt sich auch, dass die AG Herzrhythmusstörungen der Deutschen Gesellschaft für Herz-, Thorax- und Gefäßchirurgie (DGTHG) 2021 einen nationalen Kommentar [26] zu den oben angeführten internationalen HRS- und EHRA-Empfehlungen [23,24] verfasste und sich zudem die beiden großen Fachgesellschaften DGTHG und die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie (DGK) auf ein gemeinsames Positionspapier zur Elektrodenextraktion verständigten, welches in diesem Jahr 2022 veröffentlicht wurde [27].
Allen internationalen und nationalen Empfehlungen ist gemein, dass sie unumstritten eine dringende Indikation der Klasse 1 für die zeitnahe Entfernung infizierter Elektroden und Aggregate sehen [22–24,26,27] (Tab. 1 im Supplement unter dem QR-Code auf Seite 140). Diese Infektionen sind häufig Folge perkutaner Perforationen implantierter Systemkomponenten oder in einer Bakteriämie begründet, wobei hier Bakterien oft durch offene Wunden (z. B. Zahnextraktionen) eingeschwemmt wurden. Neben lokalen Tascheninfektionen ist insbesondere eine deszendierende Infektion entlang der transvenösen Elektroden gefürchtet. Denn fulminante Infektionen der Implantate verursachen eine Endoplastitis oder Endokarditis und können unbehandelt mit einer Letalität von über 38,2 % binnen eines Jahres einhergehen [28].
Nicht so imperativ stellen sich hingegen die Indikationen zur Entfernung funktionsloser, nicht infizierter Elektroden dar. Hierbei finden sich nur Arrhythmie-induzierende Elektroden oder dringend erforderliche Sondenimplantationen entlang verschlossener Zugangsgefäße ohne alternative Zugangsoption als Klasse-I-Indikation. Alle weiteren Indikationen werden lediglich mit einer Klasse-II-Empfehlung bedacht (Tab. 1 im Supplement unter dem QR-Code auf Seite 140). Diese umfassen Sondenentfernungen zur Erlangung einer MRT-Fähigkeit, einen Elektrodenwechsel entlang eines verschlossenen Zugangsgefäßes bei alternativen Zugangsoptionen, bei der Behandlung von chronischen Elektroden-assoziierten Schmerzen oder zur Reduktion einer hohen intravasalen Sondenlast aus prognostischen Erwägungen.
Gerade im letztgenannten Indikationsspektrum sind die wissenschaftliche Evidenz wie auch die Expertenmeinungen nicht eindeutig. So finden sich Untersuchungen wie von Pokorney, die einen prognostischen Vorteil in der Entfernung funktionsloser Elektroden beschreiben und geringere Raten an Gefäßverschlüssen und Sondeninfektionen bei einer vergleichbaren Mortalität nach 5 Jahren im Vergleich zu Patient:innen mit belassenen funktionslosen Sonden fanden [29]. Allerdings dürfen diese Vorteile nicht über die bestehenden Risiken einer Elektrodenextraktion hinwegtäuschen. Diese wurden 2010 retrospektiv in der „Lead Extraction in the Contemporary Setting: The LExICon Study“ [30], prospektiv in der 2017 präsentierten „European Lead Extraction ConTRolled Registry: ELECTRa-Registry“ [31] und aktuell nochmals 2022 in der retrospektiven „GermAn Laser Lead Extraction GallerY: GALLERY“ Studie [32] multizentrisch analysiert. Hierbei ergaben sich zwischen 1,4 % und 2,7 % an schwerwiegenden Komplikationen (major adverse event – MAE), eine Mortalität von 0,28 % bis 1,4 % und klinische Erfolgsraten zwischen 96,7 % und 97,9 % (Tab. 2 im Supplement unter dem QR-Code auf Seite 140). Nicht unerwartet zeigte die ELECTRa-Registry, dass Kliniken mit einer hohen Extraktionsexpertise (≥ 30 Extraktionen/Jahr) eine signifikant geringere Anzahl an Gesamtkomplikationen (2,4 %) und Todesfällen aufweisen als Kliniken mit einer geringeren Extraktionsfrequenz (4,1 %). Interessant erscheint in diesem Zusammenhang die Beobachtung, dass Sondenextraktionen aufgrund bestehender Infektionen nur noch in 52,8 % bis 63,8 % der Fälle erfolgten, während frühere Publikationen über einen Anteil von mehr als 70 % berichteten. Somit wurde ein bemerkenswert hoher Anteil an Sondenextraktionen aufgrund prognostischer, nicht Infekt-assoziierter Erwägungen durchgeführt. Inwieweit sich hier eine Trendwende abzeichnet und funktionslose bzw. defekte Elektroden nun frühzeitiger und konsequenter entfernt werden, bleibt indes offen.
So gilt es, Extraktionsmaßnahmen entsprechend den Expertenempfehlungen besonnen und abhängig von den Dringlichkeiten, den zu erwartenden prognostischen Vor- und Nachteilen und im Hinblick auf die individuell zu erwartenden perioperativen Komplikationsrisiken abzuwägen und zu planen.
RISIKOSTRATIFIZIERUNG VON EXTRAKTIONSEINGRIFFEN
Einen besonderen Schwerpunkt legte das gemeinsame deutsche Positionspapier zur Elektrodenextraktion der DKG und DGTHG [27] im Unterschied zu internationalen Empfehlungen auf eine differenziertere Einteilung der Extraktionseingriffe in verschiedene Risiko-Gruppen (A–D). Dies erschien dem Expertengremium aus zwei Gründen wichtig. Einerseits finden sich immer wieder Patient:innen mit einer enormen Last an funktionslosen Elektroden, was oftmals daraus resultiert, dass Elektroden bei Funktionsverlust nur ergänzt und keine entfernt werden. Aber gerade Elektroden, die nur kurze Zeit zuvor implantiert wurden, lassen sich zumeist ohne nennenswerte Probleme und ohne ein aufwändiges operatives und kostenintensives Setting entfernen. Aus diesem Grund sollen Operateure in Deutschland dazu ermutigt werden, bei Elektroden mit einer Implantationsdauer von unter einem Jahr einen Entfernungsversuch zu unternehmen, um so perspektivisch eine zunehmende Sondenlast zu vermeiden. Andererseits sollen Patient:innen mit einem höheren Komplikationsrisiko während Elektrodenextraktionen bestmöglich geschützt werden. So wollten die Autoren des Positionspapiers Operateuren eine individualisierte, risikoadjustierte Abstufung des operativen Settings an die Hand geben. Diese unterschied zwischen einem „einfachen“ Eingriff in Lokalanästhesie und einem „komplexen“ Eingriff in Intubationsnarkose mit HLM- und Thorakotomiebereitschaft inklusive eines präsenten Herzchirurgen und Perfusionisten und empfiehlt unterschiedliche im Stand-by befindliche Notfalloptionen (Tab. 3 im Supplement unter dem QR-Code auf Seite 140).
OPERATIVES SETTING VON EXTRAKTIONSMASSNAHMEN
Die Entfernung von HSM- und ICD-Systemen bzw. einzelner Elektroden sollte in Anlehnung an die oben benannten nationalen und internationalen Empfehlungen [23,24,26,27] in einem interdisziplinären Team erfolgen, das in Abhängigkeit zum individuellen Risikoprofil aus Herzchirurg:innen, Kardiolog:innen, Anästhesist:innen, Perfusionist:innen und entsprechenden Pflegekräften besteht. Insbesondere in den Risikogruppen B bis D der DGK/DGTHG-Empfehlungen [27] ist der Operationserfolg maßgeblich vom reibungslosen Zusammenspiel dieser Berufsgruppen abhängig.
Diese Zusammenarbeit beginnt mit der Indikationsstellung und OP-Planung und erstreckt sich über die operative Durchführung bis zur postoperativen Nachbetreuung. Gerade wenn prä-, intra- oder postoperativ relevante hämodynamische Komplikationen auftreten, ist eine leistungsfähige Intensivstation einschließlich Intensivmediziner und Fachpflegekräften für den finalen klinischen Ausgang von entscheidender Bedeutung, wie die ELECTRa-Studie zeigte [31].
So ergibt sich, dass Extraktionsmaßnahmen, die ein hohes bis sehr hohes Risiko für Blutungskomplikationen oder Kreislaufdekompensationen beinhalten (Gruppe C und D), in Intubationsnarkose unter TEE-Kontrolle erfolgen sollten. Das TEE dient hierbei neben der Statuserhebung vor Beginn der Extraktionsmaßnahmen (Perikarderguss, Pleuraerguss, Trikuspidalklappeninsuffizienz, Atrialer Septumdefekt (ASD), intrakardiale Thromben oder Vegetationen und die ventrikuläre Pumpfunktion) insbesondere der intra- bzw. perioperativen Risiko- und Komplikationsbewertung. Weiterhin sollten diese Eingriffe entweder durch ein herzchirurgisches Team erfolgen oder zumindest durch einen präsenten Herzchirurgen und Perfusionisten begleitet werden. Dies gewährleistet, dass im Falle einer hämodynamisch relevanten Blutungskomplikation oder eines unklaren kardialen Pumpverlusts der unmittelbare Einsatz von kreislauf- und blutsichernden Maßnahmen – wie einer HLM oder einer Maschinellen Autotransfusion (MAT) – zur unverzüglichen Komplikationsbehandlung möglich ist. Diese Maßnahmen können lebensrettend sein, und daher sind neben grundsätzlichen Vereinbarungen vor Eingriffsbeginn folgende Vorbereitungen durch Perfusionist:innen durchzuführen:
- Zurverfügungstellung einer gefüllten und überprüften HLM.
- Die HLM ist zusätzlich mit der Möglichkeit der Vakuum-assistierten venösen Drainage ausgestattet, so dass im notwendigen Fall sowohl eine zentrale als auch eine periphere Kanülierung zur Aufnahme der extrakorporalen Zirkulation möglich sind.
- Neben den zur Perfusion notwendigen Einmalmaterialien (arterielle und venöse Kanülen) wird immer ein sogenannter „Saalwagen“ mit zusätzlichen Materialien in unmittelbarer Nähe zum Operationssaal platziert, um im Notfall zusätzlich benötigte Komponenten und Materialen unverzüglich verfügbar zu haben.
- Da es sich bei hämodynamisch wirksamen Komplikationen im Rahmen des Eingriffes immer um lebensbedrohliche Situationen für den Patienten handelt, ist im Saal ein sogenanntes „Punktionsset“ vorhanden. Dies beinhaltet alle benötigten Materialien zur femoral-arteriellen und -venösen Punktion und Drahteinlage. So kann im Notfall die Zeit, bis die HLM im Saal einsatzbereit ist, genutzt werden, um die Leistengefäße zu punktieren und Seldingerdrähte zur Kanülenanlage zu platzieren. Dies ist im Notfall der präferierte Zugangsweg, um die HLM zur Aufnahme der extrakorporalen Zirkulation zu konnektieren.
- Des Weiteren wird ein MAT-Gerät zur Verfügung gestellt. Sollte es intraoperativ zu einer Komplikation wie beispielsweise einer Perikardtamponade kommen, kann das Blut über einen Perikardkatheter aus dem Perikard abgesaugt, mittels MAT aufbereitet und an- schließend retransfundiert werden.
- Der/die den Saal betreuende Perfusionist:in ist über ein Telefon jederzeit erreichbar. Er/sie befindet sich bis zur Extraktion der betroffenen Sonden im OP-Bereich und kann somit innerhalb weniger Sekunden den Saal aufsuchen. Während der eigentlichen Extraktion der Elektroden ist der/die den Saal betreuende Perfusionist:in im Saal anwesend.
- Um einen reibungslosen Ablauf im Notfall zu gewährleisten, wurde eine Verfahrensanweisung (SOP) erstellt, in der die Positionierung der HLM im Saal festgelegt wurde. Dies ist sinnvoll, da sich während des Eingriffs meist zahlreiches diagnostisches Equipment wie Ultraschallgerät oder Röntgenanlage im OP-Saal befindet, was die Platzverhältnisse und Zugangswege deutlich limitiert. So werden im Notfall unnötiges Rangieren und Diskussionen vermieden, da die Stellflächen für die einzelnen Geräte grundsätzlich festgelegt sind. Hierbei wurde auch bedacht, dass alle für die Geräte notwendigen Versorgungsanschlüsse (beispielsweise Strom, Gasversorgung, Netzwerk) an diesen Positionen verfügbar sind und so insbesondere die HLM im Saal innerhalb kürzester Zeit angeschlossen und betrieben werden kann.
METHODEN UND TECHNIKEN EINER ELEKTRODENEXTRAKTION
Nach einer entsprechenden Vorbereitung, Lagerung und Narkoseeinleitung beginnen die operativen Extraktionsmaßnahmen mit dem Freipräparieren von Aggregat und extrathorakalen Sondenschleifen. Bei Eingriffen, die aufgrund infizierter Systeme erfolgen, sollte im Anschluss an die Mobilisation des Aggregats ein umfassendes Wunddebridement erfolgen, bei dem zusätzlich mikrobiologische und/oder PCR-Proben zur Keimanalyse entnommen werden und eine lokale antiseptische Behandlung (z. B. Granudacyn-Lösung, Mölnlycke, Deutschland) erfolgen sollten. Nachdem auch die Sondenschleifen inklusive Annahthülsen freigelegt und gelöst wurden, kann versucht werden, eine aktiv fixierte Elektrode durch Zurückdrehen der Sondenschraube zu lösen. Die eigentlichen Extraktionsbemühungen starten mit dem Einführen eines Standard-Stylets in den Sondenarbeitskanal. So erhält man Informationen über die Sondenintegrität und schützt den Sondenleiter gleichzeitig vor Deformierungen durch Zug- oder Schubkräfte. Unter Durchleuchtungskontrolle wird anschließend die Qualität und Lokalisation von Sondenverwachsungen unter moderatem Sondenzug und -schub abgeschätzt. Gleitet die Elektrode frei, finden sich meist keine soliden Verwachsungen und sie kann durch vorsichtigen Zug („Simple Traction“) entfernt werden. Ist hingegen die Elektrodenspitze fest im Herzen fixiert oder verlagern sich unter Zug Gefäß- oder Herzschatten in Zugrichtung, ist von relevanten Verwachsungen auszugehen. Erfahrene Extrakteure können meist aufgrund dieser Beobachtungen zuverlässig eine geeignete Extraktionsmethode bestimmen und eine material- und kostenintensive Methodeneskalation vermeiden. Allerdings können auch Kombinationen oder wechselnde Anwendungen unterschiedlicher Extraktionsinstrumente notwendig werden, wozu es gerade bei der Extraktion von mehreren Elektroden unterschiedlichen Implantationsalters oder verschiedener Adhäsionsgenese (Fibrose/Kalk) kommen kann. Grundsätzlich ist natürlich auch eine Extraktion in den klassischen, unten beschriebenen Eskalationsschritten möglich [33].
EXTRAKTIONSTOOLS
a) Lead Locking Devices/Extraktoren
Erhält der/die Operateur:in während der oben beschriebenen Manöver den Eindruck, dass sich die Sonde durch eine größere Zugkraft entfernen ließe, so kann das Stylet durch ein sogenanntes Lead Locking Device (LLD) – synonym Extraktor – ausgetauscht werden. Hierzu muss zunächst der Sondenstecker am Elektrodenende abgetrennt und ein LLD in den Sondenarbeitskanal eingeführt werden (Abb. 3 a). Anschließend wird das eingebrachte LLD entriegelt, was zur Expanson eines Drahtgeflechts im Arbeitskanal führt (Abb. 3 b). Bauartbedingt verankert sich dieses dann entweder im gesamten Arbeitskanal (LLD, Spectranetics/Philips, USA) oder im distalen Sondenabschnitt (Liberator, Cook Medical, USA). Eine zusätzliche Traktion kann zudem auf die äußere Sondenhülle übertragen werden, indem diese am proximalen Sondenende mit einer Ligatur oder einem metallischen Draht (One-Tie Compression Coil, Cook Medical, USA) fest komprimiert wird. Mit Hilfe der LLDs gelingt es nun, eine größere Zugkraft auf die Sonde auszuüben und leichtere Verwachsungen durch „Simple Traction“ – also durch moderaten Zug – zu lösen. Allerdings ist zu bedenken, dass der resultierende Kraftvektor nicht dem eigentlichen Sondenverlauf entspricht und ein unangemessener Zug zu unkalkulierbaren Gefäßverletzungen führen kann [33].

b) Dilator Sheaths/Telescopy Devices
Gelingt es nicht, eine Elektrode durch kräftigen Zug über ein LLD aus Verwachsungen zu befreien oder drohen Gefäß- oder Herzwandläsionen, so können Sondenadhäsionen mit Hilfe von Dilator Sheaths (z. B. Byrd Sheath, Cook Medical, USA) gezielter gelöst werden. Hierzu werden die angeschrägten „Strohhalme“ (Abb. 4) über die zu entfernende Elektrode gefädelt und zentralwärts vorgeführt. Durch Dreh-, Scher-, Schab- oder Druckbewegungen ist es anschließend möglich, das Narbengewebe um die Sonde herum stückweise zu lösen. Zudem kann der Kraftvektor durch geeignetes Stellen des Dilator Sheaths im Zusammenspiel mit dem LLD-Zug am distalen Sondenende so eingestellt werden, dass moderate Adhäsionen gelöst und letztlich eine Sonde entfernt werden kann.

c) Powered Sheaths: Extraktionsfräsen und Excimer Laser
Gelingt es nicht, die anvisierten Elektroden mit Hilfe der oben beschriebenen passiven Extraktionsinstrumente zu entfernen oder sollen verschlossene Zugangsgefäße zum Elektrodenwechsel wiedereröffnet werden oder finden sich solide bzw. kalkreiche Verwachsungen, kommen aktive Extraktionsinstrumente – die sogenannten „Powered Sheaths“ – zum Einsatz. Hierunter subsummiert man mechanische Fräsen oder Excimer Lasersheaths, die Adhäsionen aktiv lösen können. Analog zu den Dilator Sheaths, werden Fräsen- und Laserkatheter extrathorakal, vergleichbar einem Strohhalm, über die mittels LLD stabilisierte Sonde aufgefädelt und anschließend zentralwärts vorgeführt.
Extraktionsfräsen besitzen an der Katheterspitze Fräskronen, die sich herstellerspezifisch unterscheiden (Abb. 5). So gibt es Katheter, die starr freiliegende Fräskronen (Evolution RL, Cook Medical, USA) besitzen oder Fräszähne, die nur während der Rotation austreten und anschließend wieder in den Katheterschaft zurückgleiten (TightRail, Philips, USA). Weitere Unterschiede finden sich in einem starren oder flexiblen Katheterschaft. Gemeinsam ist allen verfügbaren Fräsen, dass die Rotationsbewegungen der Krone durch eine Knarrenmechanik muskelbasiert durch den Operateur ausgeführt werden müssen. Angekündigte elektrische Extraktionsfräsen sind bisher nicht verfügbar. Fräsen eignen sich sehr gut, um feste Vernarbungen und insbesondere Sonden aus starken Verkalkungen oder knöchernen Engstellen zu lösen, wie sie beispielsweise in der knöchernen Enge zwischen der ersten Rippe und der Klavikula bestehen können (Abb. 6).


Zur Elektrodenextraktion mit Lasersheath werden aktuell Katheter der dritten Generation vertrieben (GlideLight, Spectranetics/Philips, USA, Abb. 7). Diese müssen zum Gebrauch zwingend mit einen externen Excimer-Lasergenerator (CVX- 300, Spectranetics/Philips, USA) verbunden werden, was Kliniken im Vergleich zur Fräsenextraktion vor zusätzliche infrastrukturelle und finanzielle Aufgaben stellt. Der Generator erzeugt ein energiereiches Laserlicht der Wellenlänge 308 nm und eine regelbare Impulsrate zwischen 25 und 80 Hz. Daraus resultiert ein kraftvolleres Instrument, welches zuverlässig, schnell und schonend solide Sondenverwachsungen lösen kann (Abb. 8). Hierbei werden die Vernarbungen durch den Laserimpuls verdampft, was die Gefäßwände geringer mechanisch belastet als rotierende Fräsköpfe. Auch besteht ein geringeres Risiko, während der Extraktion benachbarte Elektroden ungewollt mechanisch zu beschädigen, was insbesondere dann wichtig ist, wenn diese anschließend weiterverwendet werden sollen. Ein weiterer Vorteil besteht darin, dass der/die Operateur:in die Mechanik nicht durch eigene Muskelkraft antreiben muss und so möglicherweise konzentrierter und präziser agieren kann. Allerdings scheitert der Excimer Laser im Vergleich zu Fräsen oftmals an starken Verkalkungen, die er nicht verdampfen kann.


Insgesamt stellen beide Methoden in weiten Einsatzbereichen vergleichbare, sehr geeignete Instrumente dar, und mitunter erzielt man gerade in der Kombination beider das beste Extraktionsergebnis [33].
TECHNIKEN ZUR ENTFERNUNG VON SONDENFRAGMENTEN UND VEGETATIONEN
a) Bergung von Sondenfragmenten
Jede/r Sondenextrakteur:in kann davon berichten, dass es Elektroden gibt, die nicht vollständig entfernt werden konnten oder unter den Extraktionsmaßnamen abrissen und in situ verblieben. Während kleinere Sondenreste zumeist belassen werden können, zwingen größere Sondenfragmente oft zu weiteren Extraktionsmaßnahmen – gerade, wenn diese eine arrhythmogene Lage aufweisen, eine Embolie dieser droht oder sich größere septische Vegetationen an den Sondenresten finden. Neben einer offenen invasiven Sondenentfernung mittels lateraler oder medianer Thorakotomie stehen zwischenzeitig auch erfolgversprechende weniger invasive perkutane Optionen zur Bergung und Entfernung zur Verfügung. Je nach Lage und Länge des verbliebenen Sondenfragments eignen sich hierzu unterschiedliche Katheter (Abb. 9 a–c). Nachdem über die Vena femoralis, subclavia oder jugularis eine kaliberstarke Schleuse ins Gefäßsystem eingebracht wurde, können unterschiedliche Schlingenkatheter (z. B. Amplatz GooseNeck, Covidien, USA; Needle´s eye snare, Cook Medical, USA; Biopsie-Zange, Fehling Instruments, Deutschland) vorgeführt werden. Mit deren Hilfe kann es gelingen, die Sondenfragmente aufzugreifen und anschließend über die eingebrachte Schleuse zu entfernen (Abb. 9 oben). Allerdings stellen diese Methoden hohe Ansprüche an den/die Extrakteur:in und setzen eine umfangreiche Erfahrung im Umgang mit interventionellen Tools voraus [33].

unten: Verschiedene Extraktionskatheter:
a) Biopsie-Fasszange/Fehling Instruments,
b) Needle´s eye snare/Cook Medical,
c) Amplatz GooseNeck/Covidien
b) Entfernung intrakardialer Vegetationen
Gerade hämatogene Infektionen gehen oft mit einer bakteriellen Besiedelung der implantierten Elektroden einher, die dann mit teils großen oder multiplen intrakardialen Auflagerungen an Elektroden, Herzwänden oder -klappen im Ultraschall imponiert. Einerseits birgt diese das Risiko einer relevanten Lungenembolie mit akuter Rechtsherzbelastung, Pumpversagen und unzureichender Blutoxygenierung. Andererseits besteht das Risiko einer anhaltenden septischen bakteriellen Streuung, die insbesondere bei den inzwischen verbreiteten biofilmbildenden Bakterien (u. a. Stphylokokken, Streptokokken, Pseudomonaden) gefürchtet ist. Nicht zuletzt ist sie meist Ausgangspunkt einer Endoplastitis oder Endokarditis, die mit myokardialer Destruktion einhergeht und durch eine alleinige Antibiotikatherapie in der Regel nicht beherrschbar ist. Aus diesem Grund sehen alle internationalen und nationalen Empfehlungen [23,24,26,27] hier eine unstrittige Operationsindikation der Klasse 1 und raten zur dringenden und vollständigen Entfernung aller Fremdmaterialen und Vegetationen, um eine erfolgreiche Infektionsbehandlung zu ermöglichen.
Allerdings haben die oben beschriebenen perkutanen Extraktionsinstrumente ihre Limits und auch ein bewusstes „Oversizen“ der Instrumente – also die Verwendung von etwas zu großen Extraktionskathetern zur zusätzlichen Aufnahme der Vegetationen mitsamt der Elektrode – gelingt nur bis zu einer gewissen Vegetationsgröße. Eine absolute Größenangabe ist hierbei allerdings schwierig, da neben der Vegetationsdimension insbesondere ihre Form (länglicher Faden oder Kugelform) und Beschaffenheit (solide oder fragil) entscheidende Kriterien zur Methodenwahl darstellen. Dennoch findet sich in den Empfehlungen eine Vegetationsgröße von 25 mm [23] als Grenze zwischen perkutanen Extraktionsmethoden und der Entfernung unter direkter Sicht am geöffneten Brustkorb mit bicavaler Kanülierung und Anwendung einer extrakorporalen Zirkulation (EKZ). Allerdings hat auch diese invasive Methode ihre Schattenseiten, denn gerade vor dem Hintergrund einer bestehenden Infektion können sich massive hämodynamische Effekte wie Widerstandsverlust der Kapazitätsgefäße, septisch bedingte Blutgerinnungsstörungen oder ei- ne systemische bakterielle Streuung durch den septischen EKZ-Einsatz ergeben.
Seit einiger Zeit stehen nun zusätzlich spezielle Aspirationskatheter (AngioVac, AngioDynamics, USA) zur Verfügung, die eine gute perkutane Alternative zur offenen Sondenentfernung darstellen [34,35]. Im Prinzip werden bei diesem System zwei großkalibrige venöse Zugänge – meist bifemoral – angelegt. Über einen Zugang wird dann ein spezieller Katheter bis zum Herzen vorgeführt. Ist das Herz erreicht, wird aus diesem Katheter eine trichterförmige Katheterspitze ausgefahren, die dann das Absaugen der Vegetationen ermöglicht (Abb. 10 A). Unter Ultraschallkontrolle dirigiert man die Katheterspitze nun in unmittelbare Nähe zu den Vegetationen (Abb. 10 B). Der Katheter ist mit einer Zentrifugalpumpe verbunden, die bis zu 3 l Blut pro min ansaugen kann. Das angesaugte Blut strömt dann über einen feinporigen Filter, der die Vegetationen auffängt (Abb. 10 C). Anschließend wird das Blut dem Patienten unmittelbar über die zweite Schleuse – meist in der kontralateralen Leistenvene gelegen – wieder zugeführt. Auf diese Weise ist es möglich, große Vegetationen oder intrakardiale Thromben fast ohne Blutverlust aus dem Gefäßsystem zu entfernen. Sollten hingegen die Adhäsionen den Herzwandstrukturen fester anheften, so können über einen zusätzlichen Side-Arbeitsport Schlingen- oder Basketkatheter (Abb. 10 A) bis zur Katheterspitze vorgeführt und die Vegetation zusätzlich mechanisch gelöst und dann abgesaugt werden. Mehrere Untersuchungen der letzten Jahre bescheinigen dieser Methode eine hohe Effektivität bei einer geringen Komplikationsrate und einem guten Patientenbenefit [36]. Leider besteht für diese Methode in Deutschland bisher kein Reimbursement, was die Verfügbarkeit in deutschen Kliniken stark limitiert.

A Röntgenaufnahme (posterior-anterior Projektion) mit einliegendem AngioVac-Katheter und TEE-Ultraschallsonde sowie einem in der Vena cava superior befindlichem Basket-Katheters
B Ultraschallaufnahme der großen Vegetationen in der Vena cava superior am Übergang zum rechten Vorhof
C Aufnahme des AngioVac-Blutfilters mit einliegenden Vegetationen
ANWENDUNGSBEISPIEL AUS DEM HERZZENTRUM KERCKHOFF-KLINIK
Zur Anwendung kommt in unserer Klinik ein beschichtetes Standard ECMO-Set (Eurosets, Italien) welches um die, vom Hersteller (AngioDynamics, USA) im AngioVac-Set mitgelieferte, venöse Blasenfalle (VBT) (VBT 15, Terumo, Japan) ergänzt wird. Zu beachten ist bei der Vorbereitung des Systems, dass ein Bypass der VBT in das Set integriert werden sollte. Dies ist notwendig, um beim Absaugen von massiven Vegetationen gegebenenfalls die VBT wechseln zu können. Der im Set vorhandene Oxygenator wird während dieser Prozedur nicht angewendet.
Zur Blutentnahme wird die vom Hersteller mitgelieferte 22 Fr-Schleuse verwendet. Über diese wird auch der eigentliche Saugkatheter in den Patienten eingeführt und mit dem ECMO-System verbunden. Die Rückgabe des Blutes erfolgt über eine Femoralkanüle der Größe 15 Fr, die sich in der kontralateral gelegenen Vena femoralis befindet. Unmittelbar vor der Anwendung des Systems wird der Patient systemisch (Dosierung 200 IE Heparin/kg/KG) heparinisiert. Ziel ist hierbei eine ACT > 250 s, um ein Koagulieren des Blutes im extrakorporalen System zu verhindern.
Des Weiteren ist während der Prozedur auf einen ausreichenden „Füllungsstatus“ des Patienten zu achten, da es sonst intermittierend zum Ansaugen des Katheters am umliegenden Gewebe kommen kann. In diesem Fall ist die Drehzahl der Zentrifugalpumpe zu reduzieren, bis der Katheter wieder ordnungsgemäß arbeitet. Weiterhin ist darauf zu achten, dass die Drehzahl der Pumpe beim Verschieben der AngioVac-Kanüle reduziert wird. Denn in diesem Fall wird das hämostatische Ventil der Schleuse, in dem sich der Absaugkatheter befindet, geöffnet und es kann zu einem Lufteintrag in das ECMO-System kommen. Sollte es zu einer Luftembolie in das System kommen, so kann diese über die VBT eliminiert werden. Zu diesem Zweck sind an dem an der VBT vorhandenen Drei-Wege-Hahn eine Perfusorspritze und ein Blutleerbeutel angeschlossen. Über die Perfusorspritze kann die Luft aus der VBT eliminiert und das Blut-Luft-Gemisch in den Blutleerbeutel gegeben werden. Sollte sich während der Prozedur eine größere Menge an Blut in diesem Beutel angesammelt haben, so kann dieses Blut mittels MAT aufgearbeitet und dem Patienten retransfundiert werden.
Ist die Anwendung des AngioVac-Systems beendet, wird die Drehzahl der Zentrifugalpumpe reduziert und das Schlauchsystem geklemmt. Nun können beide Kanülen entfernt, das Restvolumen aus dem System in einen Blutbeutel abgefüllt und das Blut dem Patienten anschließend retransfundiert werden. Da es sich bei beiden Zugängen um ein venöses Gefäß handelt, wird in unserer Klinik eine sogenannte U-Naht vor dem Entfernen der Kanülen vorgelegt und nach Entfernen der Kanülen zugezogen und geknüpft. Gegebenenfalls ist eine zusätzliche Kompression der Punktionsstellen notwendig.
Aufgrund der niedrigdosierten Gabe des Heparins vor Anwendung des AngioVac-Systems und der Verwendung von beschichteten Schläuchen wurde in den bisher in unserer Klinik durchgeführten Prozeduren von einer Antagonisierung des gegebenen Heparins durch Protamin abgesehen. Zumeist zeigte sich gegen Ende der Prozedur, dass sich die ACT-Zeit bereits dem Ausgangswert wieder angenähert hatte. Ebenfalls ist zu bedenken, dass die Möglichkeit besteht, dass es bei Gabe von Protamin zu einer erneuten Thrombenbildung an den ehemaligen Vegetationsstellen kommen kann.
MANAGEMENT PERIOPERATIVER KOMPLIKATIONEN
Dank der modernen perkutanen Extraktionsmethoden und der teils hohen Expertise der behandelnden Extraktionszentren ergeben sich während der Prozeduren heutzutage erfreulicherweise nur 1,4 % bis 2,7 % schwere Komplikationen (MAE) und eine periprozedurale Mortalität zwischen 0,3 % und 1,4 % [30–32]. Dies erscheint im Vergleich zu anderen interventionellen Eingriffen gering. Es ergeben sich beispielsweise während Vorhofflimmerablationen MAEs um 5,9 % und eine Mortalität von 0,1 % bis 0,2 % [37,38] bzw. bei Koronarinterventionen schwere Komplikationen zwischen 4 % und 5 % bei einer Letalität um 1 % bis 2 % [39]. Dennoch sind die Risiken von Elektrodenextraktionen nicht zu unterschätzen und auch wenn es eine Vielzahl von zentrumspezifischen Unterschieden in der Vorgehensweise gibt, ist allen gemein, dass es deutlich schwieriger ist, eine Gefäßläsion bei kardial voroperierten Patient:innen zeitnah zu versorgen und eine maschinelle Kreislaufunterstützung zu realisieren als bei Patient:innen ohne einen thorakalen Voreingriff. Empfehlenswert ist es daher, neben einem grundsätzlich in die Extraktionsprozesse integrierten Notfallkonzept in Form von „Standard Operation Procedures (SOP)“ zusätzlich noch vor Eingriffsbeginn im Team die individuell geplanten Extraktionsmaßnahmen zu besprechen. Hierbei sind insbesondere geplante Extraktionsverfahren (Fräsen- und/oder Laserextraktion) und mögliche Komplikationslokalisationen von Interesse, die sich beispielsweise aus Gefäßanomalien der Vena subclavia oder Vena cava superior (Verschlüsse, Stenosen) oder der Entfernung von Risikoelektroden wie Riata- (Abbott, USA) oder Starfix-Elektroden (Medtronic, USA) ergeben können. So entwickelt sich ein gemeinsam abgestimmtes operatives Setting inklusive eines individuellen Notfallkonzepts, welches auch die Bereitstellung einer angemessenen Anzahl an Erythrozytenkonzentraten beinhaltet (beispielsweise zwei Erythrozytenkonzentrate). Gerade bei Operationen der Risikoklasse C und D (DGK/DGTHG Positionspapier [27]) ist zudem dringend die Verwendung einer transösophagealen Echokardiographie (TEE) anzuraten, die ein entscheidendes Werkzeug zur Früherkennung, Lokalisation und Lagebeurteilung eingetretener Komplikationen darstellt. Nicht zuletzt ist es sinnvoll, die Vorgehensweise bei perioperativ eintretenden Blutdruckabfällen und einer möglicherweise notwendig werdenden Kreislaufunterstützung samt geeigneter Zugangswege mit dem Anästhesisten und dem Perfusionisten abzusprechen. So können entsprechende Zugangskanülen zur zentralen HLM-Anlage nach Notfallthorakotomie oder aber über periphere Leistengefäße a priori bereitgestellt werden. Gerade bei der letztgenannten Anschlussvariante kann zudem das primäre Vorlegen von Seldingerdrähten in die Leistengefäße gerechtfertigt sein, was eine kurze Reaktionszeit zum Anschluss einer perkutan kanülierten HLM ermöglicht und vermeidet, dass unter einer stark kompromittierten Hämodynamik Gefäßzugänge erst mühsam durch Punktionen geschaffen werden müssen. Zudem bietet ein venös vorgelegter „Super-Stiff“ Seldingerdraht die Option, bei relevanten Gefäßblutungen aus der Vena cava superior einen „Rescue Balloon“ (Coda-Balloon, Cook Medical, USA; Brigde Occlusion Balloon, Spectranetics/Philips, USA) einzubringen. Dieser kann unmittelbar über den Draht bis auf Höhe der Perforation vorgeschoben und aufgeblasen werden, was den Blutverlust durch Gefäßokklusion drosselt und so zur Stabilisierung der Kreislaufsituation beiträgt (Abb. 11). Auf diese Weise können unter einer vertretbaren Hämodynamik die Zeitspanne des chirurgischen Handelns verlängert (Thorakotomie und Versorgung der Gefäßruptur) und Hypoxie-bedingte Folgeschäden reduziert werden [33].

Abzuwägen sind diese Strategien mit dem grundsätzlichen Risiko einer Leistenpunktion, die zu Nerven- oder Gefäßverletzungen sowie Gefäßrupturen durch das Einbringen von Seldingerdrähten führen kann. Gerade wenn diese Komplikationen bei Eingriffen eintreten, bei denen die Zugänge nicht benötigt wurden, wird dieses Vorgehen regelmäßig kritisch hinterfragt. Allerdings liegt es in der Natur dieser Eingriffe, dass eine absolute Risikoeinschätzung nicht möglich ist, weshalb auch eine grundsätzliche Empfehlung zur Vorlage von Seldingerdrähten nicht gegeben werden kann und die Entscheidung letztendlich nach individueller Abwägung beim Operateur verbleiben muss.
Schließlich sind Absprachen mit dem Perfusionisten zur optionalen Verwendung von MAT-Systemen empfehlenswert, mit deren Hilfe es möglich wird, größere Blutverluste aufzufangen und zu retransfundieren. Dies kann gerade dann Sinn ergeben, wenn beispielweise eine Perikardtamponade vorliegt, die auf einer gut zugänglichen Blutung im Bereich der zentralen Vena cava superior, des rechten Vorhofs oder Ventrikels basiert und schnell und ohne extrakorporale Zirkulation versorgt werden kann. So lassen sich die Folgen eines volumenmangelbedingten Kreislaufversagens und insbesondere des Verlusts an zellulären Blutbestandteilen auch ohne Fremdblutgaben reduzieren. Gerade der Mangel an Blutzellen mindert relevant die Sauerstofftransportkapazität, was durch eine Gewebshypoxie mit anaerobem Stoffwechsel und Acidose in Hypoxie-bedingten irreversiblen Organschäden münden kann. Auch der Verlust an Gerinnungsfaktoren und eine bestehende Verbrauchskoagulopathie senken zusätzlich die Gerinnungsbereitschaft des verbliebenen Bluts und nicht zuletzt potenzieren notfallmäßige Volumensubstitutionen von kristallinen Lösungen diese Effekte durch eine weitere Verdünnung der Blutbestandteile (Abb. 12 im Supplement unter dem QR-Code auf Seite 140).
Selbstverständlich führt nicht jede Gefäßläsion zwangsläufig zu einer Blutungskomplikation mit massiven invasiven Konsequenzen oder einer nur schwer beherrschbaren vitalen Bedrohung oder gar einem letalen Ausgang. Entscheidend erscheint während einer unerwarteten hämodynamischen Veränderung, schnellstmöglich deren Kausalität zu klären, um dann geeignete Eskalationsmaßnahmen besonnen abzuwägen. Hierbei gilt es als erstes abzugrenzen, ob eine blutungsassoziierte Kreislaufdepression besteht oder nicht. Daher sollten sofort alle weiteren Extraktionsmaßnahmen sistieren und unmittelbar mehrere Maßnahmen parallel ergriffen werden. Diese bestehen einerseits in der sofortigen Eskalation von Personal- und Materialressourcen – zusätzliche Chirurg:innen, Perfusionist:innen, Anästhesist:innen und Fachpflegekräfte einfordern sowie vorbreitende Maßnahmen zur Thorakotomie (Säge, Sperrer etc.) und zum Anschluss einer maschinellen Kreislaufunterstützung (Annahme von Kanülen und Schläuchen an den OP-Tisch) ergreifen. Andererseits muss die volle Aufmerksamkeit der perioperativen Diagnostik gelten, um möglichst schnell eine hochwahrscheinliche Ursache zu identifizieren. Auch muss dringend versucht werden, die Kreislaufsituation zu stabilisieren. All diese Maßnahmen erfordern die enge Zusammenarbeit zahlreicher Berufsgruppen, die insbesondere aus Operateur:innen, Anästhesist:innen, Perfusionist:innen und Fachpflegekräften bestehen.
In einer systematischen Vorgehensweise ist am schnellsten eine Herzrhythmusstörung als Ursache einer kompromittierten Hämodynamik mit Blick auf einen EKG-Monitor auszuschließen oder durch geeignete Stimulations- oder Defibrillationsmaßnahmen zu therapieren. Weiterhin eignen sich bei erhaltenem Herzschlag Lagerungsmaßnahmen (Trendelenburg-Lagerung) sowie besonnene Katecholamin- und Volumengaben zur Stabilisierung der Vitalwerte. Wichtige Hinweise zur Kausalität einer einbrechenden Hämodynamik liefern zudem vorausgegangene Beobachtungen. Ein schlagartiger Blutdruckabfall unter den Extraktionsbemühungen basiert meist auf gravierenden Gefäß- oder Myokardverletzungen mit relevantem Blutverlust, während schleichende, kontinuierliche Blutdruckabfälle eher eine gedeckte Gefäßruptur oder eine progrediente Perikardtamponade mit begrenztem Blutverlust vermuten lassen. So sollte im Fokus des ersten Falles eine schnelle Versorgung der Gefäßläsion mit begleitender Volumensubstitution unter einer maschinellen Kreislaufunterstützung stehen, während in der zweiten Konstellation das primäre Ziel in einer umgehenden Perikardentlastung besteht. Auch unabhängig von Blutungsereignissen können sich Kreislaufeinbrüche ereignen, wie sie beispielweise während Extraktionsbemühungen durch starken Zug an der rechtsventrikulären Elektrode geschehen. Hierbei kommt es zur rechtsventrikulären Einflussstauung mit deutlichem Blutdruckabfall, der sich bei nachlassendem Sondenzug und ventrikulärer Entlastung jedoch umgehend wieder erholt. Weiterhin können Extraktionsinstrumente im Bereich der Vena cava superior mechanische Irritationen des Nervus vagus auslösen und vorübergehende vasovagale Reaktionen wie Hypotonie und Bradykardie bedingen. Nicht zuletzt können Extraktionsmaßnahmen auch zur Verletzung der Trikuspidalklappe führen und eine akute Rechtsherzbelastung bedingen, die insbesondere von herzinsuffizienten Patient:innen nur schlecht kompensiert wird.
Um die oben exemplarisch beschriebenen Konstellationen schnellstmöglich voneinander abgrenzen zu können, eignet sich hervorragend die TEE-Untersuchung, der in einem solchen Fall umgehend eine große Aufmerksamkeit gewidmet werden sollte. Es ist bekannt, dass es in 0,4 % bis 3,7 % der Sondenextraktionen zu Verletzungen der großen venösen Gefäße, des rechten Vorhofs oder Ventrikels kommt [40]. Die TEE liefert jedoch zuverlässig und umgehend entscheidende Informationen zur Blutungslokalisation und ermöglicht so unverzügliche Entscheidungen zum weiteren operativen Vorgehen. Ist beispielsweise ein Blutdruckabfall in einem größeren Blutverlust begründet, befindet sich eine korrespondierende Flüssigkeitsmenge in der Pleura oder dem Perikard und es besteht ein Volumenmangelschock bzw. ein tamponadebegründetes Pumpversagen. Diese Erkenntnisse lassen weitere Rückschlüsse zur Blutungslokalisation zu. Wenn kein Perikarderguss detektiert werden kann, besteht höchstwahrscheinlich keine Ruptur innerhalb des Perikards, und so muss die Blutungsquelle im Bereich der Vena cava superior oder proximal davon bestehen. Diese Blutungen entlasten sich meist in die rechte Pleura. Dort ist dann eine entsprechende Flüssigkeitsmenge zu erkennen. In einem solchen Fall kann das Einbringen eines Rescue Balloons sinnvoll sein, bevor unmittelbar anschließend oder zeitgleich eine EKZ via Femoralgefäße oder nach Thorakotomie konnektiert und gestartet wird. Anschließend kann unter dem Schutz einer EKZ die Blutungsquelle aufgesucht und versorgt werden. Findet sich hingegen kein Pleuraerguss sondern ein langsam zunehmender Perikarderguss mit progredientem Pumpversagen, so können nicht selten eine Thorakotomie und eine maschinelle Kreislaufunterstützung vermieden werden. Frühzeitig erkannte Perikardtamponaden können beispielsweise nach Perikardpunktion durch einen Perikardkatheter (Abb. 13) oder durch eine subxyphoidal eingebrachte Perikarddrainage entlastet werden [33]. So stabilisiert sich meist parallel zur entlasteten Blutmenge die Kreislaufsituation, und die Ruptur tamponiert sich oftmals durch das umliegende Gewebe, was die Blutung sistieren lässt. Ein eingebrachter Perikardkatheter bzw. eine Perikarddrainage sollte dennoch nach Entlastung für mehrere Stunden verbleiben und das Perikard engmaschig mit Ultraschall kontrolliert werden. Besteht hingegen ein anhaltender Blutverlust über die Perikardzugänge, ist von einer größeren Gefäßruptur auszugehen und umgehend eine offene Versorgung nach Thorakotomie durchzuführen. Hierbei ist zu beachten, dass es beim Eröffnen des blutgefüllten Perikards zur kardialen Entlastung kommt. Oft wurden zuvor große Katecholamingaben verabreicht, so dass es empfehlenswert ist, das Perikard unter direkter Beobachtung des dann steigenden Blutdrucks nur langsam und stückweise zu eröffnen, um extrem eskalierende Blutdruckwerte zu vermeiden. Ist der Volumenmangel hingegen so dramatisch, dass kein ausreichender Blutdruck mehr aufgebaut werden kann oder der Gefäßdefekt so umfangreich, dass ein Ausklemmen nicht unmittelbar möglich erscheint, ist sofort eine arterielle Kanüle in die Aorta einzubringen und unmittelbar die HLM mit dem HLM- Sauger im blutgefüllten Perikard als venöser Rücklauf zu starten. Anschließend ist eine venöse Kanüle einzubringen und letztlich die Gefäßläsion zu versorgen. Alternativ kann noch vor der Thorakotomie eine HLM primär über die Leistengefäße konnektiert und angefahren werden.

Finden sich hingegen keine Blutungskorrelate im TEE, so sind blutungsassoziierte Auslöser des Blutdruckabfalls unwahrscheinlich. In einem solchen Fall sind weitere Ursachen zu eruieren und gegebenenfalls andere kreislaufunterstützende Maßnahmen, wie das Einbringen einer intraaortalen Ballonpumpe (IABP, Abiomed, USA), einer intraaortalen Axialpumpe (Impella, Abiomed, USA) oder einer femoral konnektierten extrakorporalen Membranoxygenierung (ECMO), zu erwägen.
Somit liefern die hier beschriebenen, teils sehr invasiven operativen Eskalationsmaßnahmen die Begründung dafür, weshalb diese Risikoeingriffe nur in Institutionen erfolgen sollten, die eine sofortige herzchirurgische Notfallbehandlung sicherstellen und substantielle Blutungskomplikationen unverzüglich behandeln können.
ZUSAMMENFASSUNG
Kardiale elektronische Rhythmusimplantate sind seit über 60 Jahren ein Segen für viele Patient:innen, die unter bradykarden und tachykarden Herzrhythmusstörungen leiden. CRT-Systeme vermögen sogar die Pumpfunktion bei schwer herzinsuffizienten Menschen wieder zu steigern. Auf diese Weise wurde vielen Menschen ein sorgenfreieres Leben mit einer guten Lebensqualität zurückgegeben und sogar manches Leben gerettet. Allerdings haben dauerhafte Rhythmusimplantate auch ihre Schattenseiten und leider können technische Probleme oder Infektionen eintreten, die zur teilweisen oder vollständigen Entfernung dieser Systeme zwingen. Abhängig vom Patient:innenalter, bestehenden Grunderkrankungen und einem evtl. vorliegenden Infektionsgeschehen, ist ihre Entfernung jedoch nicht immer einfach und insbesondere die Extraktion von langjährig eingewachsenen Elektroden nicht immer komplikationslos.
Während noch vor über 20 Jahren Sondenentfernungen zumeist bei geöffnetem Brustkorb unter Einsatz einer EKZ durchgeführt werden mussten, haben sich seither weniger invasive perkutane Extraktionsmethoden etabliert und sind Dank niedriger Komplikationsraten heutzutage die Extraktionsmethode der ersten Wahl. Ein kontinuierlich steigender Bedarf dieser perkutanen Eingriffe spiegelt zudem ihre zunehmende Bedeutung wider, weshalb sich nationale und internationale Expertengremien mit ihrer Indikationsstellung, den speziellen Extraktionsmethoden und -instrumenten sowie der notwendigen Qualifizierung der handelnden Personen beschäftigten. So wurde gerade in diesem Jahr ein gemeinsames Positionspapier der DGK und DGTHG veröffentlicht, welches erstmals eine vierstufige Risikostratifizierung der Eingriffe etablierte und ein risikoadjustiertes operatives Setting empfahl. Denn trotz hoher Erfolgs- und geringer Komplikationsraten in spezialisierten Zentren, geschehen während Extraktionseingriffen lebensbedrohliche Blutungskomplikationen, die ein sofortiges Handeln erfordern. Daher sollten nach einer gewissenhaften Indikationsstellung die Eingriffe entsprechend ihres Risikos in einem fachbereichsübergreifenden Team geplant und durchgeführt werden. Neben der Zusammenarbeit von Kardiochirurg:innen, Kardiolog:innen und Anästhesist:innen ist insbesondere die Zusammenarbeit mit der kardiotechnischen Abteilung von großer Bedeutung. Durch sie werden für den Fall von hämodynamisch relevanten Blutungen die notwendigen technischen Voraussetzungen zur notfallmäßigen Herzunterstützung (HLM, ECMO) bzw. zur intraoperativen Blutrückgewinnung und autologen Bluttransfusion mittels MAT-Gerät geschaffen. Weiterhin sind neuerdings spezielle Aspirationskatheter verfügbar, die das Absaugen großer intravasaler Sondenvegetationen über einen trichterförmigen Katheter ermöglichen. Auch hier ist der kardiotechnische Support unerlässlich, denn bei diesem System werden mit Hilfe einer Zentrifugalpumpe bis zu 3 l Blut pro min über den Katheter aus dem Gefäßsystem abgesaugt und aufgenommene Vegetationen herausgefiltert. Das Blut wird anschließend unmittelbar über einen zweiten venösen Zugang wieder zurücktransfundiert. So können auch ohne relevanten Blutverlust Vegetationen von über 25 mm Größe perkutan und ohne Eröffnung des Brustkorbs entfernt werden, was bisher die einzige und deutlich invasivere Methode zur Bergung großer Vegetationen darstellte.
Aktuelle Extraktionszentren verfügen über ein breites Spektrum an perkutanen Extraktionsmethoden, die die zuverlässige Entfernung von kardial einliegenden Elektroden und Vegetationen bei geringen Komplikationsraten ermöglichen. Dennoch können sich während dieser Eingriffe potenziell lebensbedrohliche Blutungskomplikationen ereignen, die allerdings in einem angemessenen operativen Setting mit entsprechenden Instrumenten im fachbereichsübergreifenden Team beherrschbar erscheinen.
INTERESSENKONFLIKT
Die Autoren geben an, keine Interessenkonflikte zu haben.