Kardiotechnik 2023(3): 99–101
Therapy and Outcome of Prolonged Veno-Venous ECMO Therapy of Critically Ill ARDS Patients
A. N. Flinspach, F. J. Raimann, F. Bauer, K. Zacharowski, A. Ippolito, H. Booke
Journal of Clinical Medicine; online publiziert: 25.03.2023; doi: 10.3390/jcm12072499
Die veno-venöse extrakorporale Membranoxygenierung (vv ECMO) wird zunehmend bei unterschiedlichen Krankheitsbildern (Acute Respiratory Distress Syndrome (ARDS), Pneumonien, Covid-19 oder auch als Überbrückung zu einer Lungentransplantation) eingesetzt und hat sich in vielen Kliniken fast schon als Routinebehandlung etabliert. Da die ECMO-Therapie ein sehr ressourcenintensives Verfahren ist, stellt sich die Frage, ob eine länger dauernde vv ECMO-Behandlung einen ausreichenden therapeutischen Erfolg erzielt oder ob bei längerer Laufzeit der vv ECMO das Outcome dieser schwer kranken Patienten schlechter ist.
Die Autoren schlossen in ihre retrospektive Studie 117 vv ECMO- Behandlungen zwischen Januar 2020 und Juni 2022 ein und unterteilten die Fälle je nach Dauer der ECMO-Laufzeit in 4 Gruppen (kürzer 14 Tage, 14–27 Tage, 28–49 Tage, länger als 50 Tage).
Die statistische Analyse ergab keine signifikante Korrelation zwischen der Dauer der ECMO-Behandlung und der Sterblichkeit. Unterschiede gab es jedoch in den einzelnen Untergruppen: Laufzeit kürzer als 14 Tage: 30 Patienten (70 % Sterblichkeit), 14–27 Tage: 39 Patienten (72 % Sterblichkeit), 28–49 Tage: 33 Patienten (63 % Sterblichkeit), länger als 50 Tage: 15 Patienten (47 % Sterblichkeit). In allen Gruppen war ein jüngeres Alter mit einem signifikanten Anstieg der Überlebensrate verbunden (p = 0,02), während das männliche Geschlecht keinen signifikanten Einfluss auf die Sterblichkeit hatte (p = 0,28). Die Notwendigkeit einer Nierenersatztherapie und Anwendung der Bauchlagerung hatten ebenfalls keinen Einfluss auf das Überleben (p = 0,88 und p = 0,28).
Die Autoren schlussfolgern, dass die Laufzeit der ECMO keinen Einfluss auf die Sterblichkeit der Patienten hat. Keine Aussage treffen die Autoren jedoch hinsichtlich anderer Einflussfaktoren, wie z. B. der Mobilisation, Physiotherapie oder auch der psychologischen Betreuung während der ECMO-Therapie. Notwendig sind weitere Untersuchungen hinsichtlich der Langzeitergebnisse sowie z. B. den langfristigen Beeinträchtigungen dieser Patienten nach einem langen Aufenthalt auf der Intensivstation.
Sven Maier, Freiburg
Extracorporeal Membrane Oxygenation in Critical Airway Interventional Therapy: A Review
H. Wu, K. Zhuo, D. Cheng
Frontiers in Oncology, Vol. 13, 2023, doi:10.3389
Diese chinesische Übersichtsarbeit widmet sich dem Einsatz von extrakorporaler Membranoxygenierung (ECMO) im Rahmen des Umgangs mit schwierigen Atemwegssituationen. Während die ECMO-Therapie im Rahmen des refraktären Herz- und/oder Lungenversagens weitreichend erforscht und beschrieben ist, beruht der Einsatz laut den Autoren im Rahmen des Airway-Managements im Wesentlichen auf Fallberichten.
Die Methodik der Literaturrecherche entspricht wissenschaftlichen Standards und wird im Artikel nachvollziehbar beschrieben und in Form eines Flussdiagramms dargestellt. Vier relevante Plattformen (Medline, Cochrane, Embase und Web of Science) wurden durchsucht. Die Suchbegriffe umfassen gängige Termini, jedoch wurde ausschließlich nach Title/Abstract gefiltert. Mesh-Terms wurden nicht genutzt. Ein- und Ausschlusskriterien sowie die zeitliche Eingrenzung (bis 08/22) waren vordefiniert. Aus initial 1068 Publikationen wurden nach dem Selektionsprozess 48 Veröffentlichungen mit 107 Fällen in das Review eingeschlossen.
Die überwiegende Anzahl (61,7 %) der beschriebenen Fälle betraf Tumor-assoziierte Atemwegskomplikationen gefolgt von postoperativen Zwischenfällen (17,8 %). Geringeres Vorkommen wird bei kongenitalen oder idiopathischen Atemwegsstenosen (7,5 %), Fremdkörperaspiration (6,5 %), Blutungen (3,7 %), inflammatorischen Reaktionen (3,7 %), Komplikationen mit Tracheal- oder Bronchialstents (3,7 %) und Gewebe- bzw. Organkompression (1,9 %) beobachtet. Die zugrundeliegenden Interventionen umfassen alle Therapieformen der unteren Atemwege, wobei Stents und Gewebeentfernungen (zusammen 77,6 %) die überwiegende Rolle spielen. Die mittlere Therapiezeit unter ECMO wird mit 39,5 Stunden angegeben. Trotzdem ECMO-assoziierte Komplikationen beschrieben werden (Einblutung in Luftwege, A-V Fistelung, Venenverletzung u. a.), konnten 91,6 % der Patienten anschließend entlassen werden.
Im Diskussionsteil werden die Ergebnisse im Hinblick auf die spezifische Patientenklientel, mit zum Teil metastasierenden Tumorerkrankungen und schlechtem Allgemeinzustand, mit relevanten Studienergebnissen verglichen. Hier wird auf die besondere Herausforderung der schwierigen Intubation als lebensrettende Maßnahme verwiesen. Während die veno-venöse ECMO für isolierte Atemwegsprobleme eine suffiziente Unterstützung bietet (besonders im pädiatrischen Bereich gut erforscht), sollte bei hämodynamischer Instabilität eine primär veno-arterielle ECMO bzw. ECLS zum Einsatz kommen. Die erste ECMO im Rahmen einer Atemwegsbehandlung wurde 1989 beschrieben [1], also fast drei Jahrzehnte nach dem von Hill et al. beschriebenen Ersteinsatz der ECMO nach posttraumatischem Lungenversagen [2]. Dies zeigt exemplarisch die Zurückhaltung auf dem Gebiet der Atemwegsinterventionen. Die vorliegende Übersichtsarbeit ist die erste Publikation, die sich dezidiert der ECMO-Therapie in kritischen Situationen bei interventionellen Atemwegseingriffen widmet und sehr gut aufgeschlüsselt Risikopotentiale und Möglichkeiten aufzeigt. Limitationen bestehen laut den Autoren in der Tatsache, dass zumeist Einzelfallanalysen einflossen, sowie in der großen Bandbreite der zugrundeliegenden Erkrankungen und abweichenden Antikoagulationsprotokollen, was Einfluss auf dokumentierte Blutungen haben könnte. Nichtsdestotrotz beschreiben die Autoren den Einsatz der ECMO als adjuvantes Therapieelement im Rahmen der interventionellen Behandlung von kritischen Atemwegssituationen.
Die Autoren geben keine Interessenkonflikte an. Der Artikel, wie auch das tabellarische Ergänzungsmaterial der Originaldaten, ist kostenfrei verfügbar und abrufbar.
Inzwischen ist eine weitere interessante Veröffentlichung zum Thema erschienen. Maxwell et al. [3] beschreiben praxisorientiert die Umsetzungsmöglichkeiten der ECMO/ECLS im Rahmen von kritischen Atemwegssituationen.
Benjamin Haupt, Berlin
- Higashi K, Takeshita J, Terasaki H, et al. A case of acute airway obstruction with sharp sawdust particles, successfully treated by extracorporeal lung assist. Kokyu To Junkan (1989) 37(3):329-33.
- Hill JD, O’Brien TG, Murray JJ, et al. Prolonged extracorporeal oxygenation for acute post-traumatic respiratory failure (shock-lung syndrome). Use of the Bramson membrane lung. N Engl J Med. 1972;286(12):629-634. doi:10.1056/NEJM197203232861204
- Maxwell C, Forrest P. The role of ECMO support in airway procedures. BJA Educ. 2023;23(7):248-255. doi:10.1016/j.bjae.2023.03.007
Increased Risk of Purge System Malfunction after Impella 5.0 Replacement: A Case Series
H. Oishi, R. Morimoto, R. Ito, S. Kazama, Y. Kimura, T. Araki, T. Mizutani, T. Kuwayama, H. Hiraiwa, T. Kondo, T. Okumura, M. Mutsuga, A. Usui, T. Murohara
Artif. Organs, 2023; 26:79-83 https://doi.org/10.1007/s10047-022-01337-0
Die Impella 5.0 Mikroaxialpumpe ist ein perkutanes, temporäres linksventrikuläres Herzunterstützungssystem, welches bei Patienten im kardiogenen Schock implantiert werden kann. Während das Nachfolgemodell, die Impella 5.5, über eine 30-Tages-Zulassung verfügt, ist die Impella 5.0 offiziell nur für eine Behandlung über 10 Tage zugelassen. In der klinischen Praxis ist das Weaning der Impella allerdings aufgrund der Schwere der Erkrankung der Patienten oftmals verzögert und eine Explantation der Pumpe daher nicht möglich. Der längerfristige Einsatz kann allerdings zu Fehlfunktionen der Impella führen, was einen Pumpentausch notwendig macht. Um die Probleme im Langzeiteinsatz der Impella 5.0 besser zu verstehen, untersuchten die Autoren daher 11 Patienten im kardiogenen Schock, bei welchen im Studienzeitraum von Juli 2018 bis März 2021 eine Impella für mindestens 10 Tage implantiert wurde. Die Autoren berichten über vier Patienten, bei denen ein Pumpentausch aufgrund einer Fehlfunktion der Impella notwendig war. Dabei untersuchten sie die Faktoren, welche mit der Fehlfunktion der Impella 5.0 in Verbindung standen und legten besonderes Augenmerk auf die Daten des Purge-Systems, wie der Purgeflussrate (PFR), des Purgedrucks (PD) und das Verhältnis von PD zu PFR.
Der erste Patient war ein 36 Jahre alter Mann, bei dem nach 57-tägiger Unterstützung ein Abfall der PFR mit gleichzeitigem Anstieg des PD zu beobachten war. Am Tag 67 musste die Impella aufgrund eines Pumpenstopps getauscht werden. Die PFR der zweiten Impella war niedriger und der PD sowie PD/ PFR waren höher als nach der ersten Implantation (9,5 ml/h vs. 14,4 ml/h, 528 mmHg vs. 416 mmHg, 28,9 mmHg/ml/h vs. 55,6 mmHg/ml/h). Außerdem war eine signifikante Hämolyse zu beobachten. Am Tag 7 waren die Purgeparameter unverändert, aufgrund der Hämolyse wurde jedoch ein zweiter Pumpenwechsel durchgeführt. Bei der Explantation mussten große Mengen an Thrombusmaterial aus der Gefäßprothese an der rechten Arteria axillaris entfernt werden. Nach der erneuten Implantation normalisierten sich die Purgewerte und der Patient konnte im Anschluss mit einem permanenten LVAD versorgt werden.
Bei dem zweiten Patienten kam es nach 76 Tagen zu einem plötzlichen Pumpenstopp aufgrund einer elektrischen Fehlfunktion und die Impella wurde gewechselt. Nach weiteren 21 Tagen kam es zu einem Abfall der PFR und einem Anstieg des PD und PD/PFR, die Impella musste durch ein permanentes LVAD ersetzt werden.
Die Impella des dritten Patienten musste nach 34 Tagen aufgrund einer Verschlechterung der Purgeparameter getauscht werden. Auch nach dem Wechsel waren die Werte nicht im Normalbereich und nach weiteren 7 Tagen verschlechterten sich die Purgeparameter so weit, dass ein erneuter Austausch vorgenommen wurde. Die dritte Impella konnte dann nach 16 Tagen problemloser Unterstützung durch ein permanentes LVAD ersetzt werden.
Bei Patientin 4, einer 30-jährigen Frau, kam es nach 22 Tagen zu einem plötzlichen Ausfall der Impella, ausgelöst durch eine elektrische Fehlfunktion, welche einen Wechsel notwendig machte. Aufgrund eines Abfalls der PFR mit Anstieg des PD musste die zweite Impella an Tag 9 erneut getauscht werden. Nach zwei weiteren Tagen Unterstützung wurde die Impella durch ein permanentes LVAD ersetzt.
Die Autoren konnten in ihrer Arbeit zeigen, dass die Ersatz-Impella aufgrund einer Fehlfunktion des Spülsystems nach einer kürzeren Unterstützungszeit getauscht werden musste als die erste Impella. Als Parameter für einen notwendigen Pumpenwechsel eignet sich möglicherweise das Verhältnis von PD/PFR. Sobald der PD/PFR nämlich 50 mmHg/ml/h überschritt, war ein Austausch der Impella notwendig. Dieser Parameter eignet sich laut den Autoren besser zur Bestimmung von Veränderungen, da bei einer Störung im Purge-System die PFR relativ langsam sinkt und der PD mitunter stark schwankt. Fehlfunktionen der Pumpe können durch Thromben, Knicke und elektrische Schäden, die durch Verschleiß oder Korrosion im Motor entstehen, verursacht werden.
Aufgrund der Tatsache, dass bei dem ersten Fall große Mengen an Thromben in der Gefäßprothese gefunden wurden, gehen die Autoren davon aus, dass bei einer erneuten Implantation einer weiteren Impella durch dieselbe Prothese bereits vorhandene Thromben in die Pumpe gelangen könnten und dadurch das Purge-System beeinträchtigt wird. Wenn eine längerfristige Unterstützung benötigt wird, könnte es daher hilfreich sein, bei einem Austausch das Zugangsgefäß zu wechseln. Auch können durch die Überwachung des Verhältnisses von PD/PFR möglicherweise schwerwiegende Komplikationen in der Therapie verhindert werden.
Simon Mayer, Stuttgart
Losing the Dogmatic View of Cerebral Autoregulation
P. Brassard, L. Labrecque, J.D. Smirl, M.M. Tymko, H.G. Caldwell, R.L. Hoiland, S.J.E. Lucas, A.Y. Denault, E.J. Couture, P.N. Ainslie
Physiol Rep. 2021 Aug;9(15):e14982. doi: 10.14814/phy2.14982.
Dogmen spiegeln unumstößliche Lehrmeinungen wider, die wegen des Absolutheitsanspruchs und der damit verbundenen Autorität absolut schwer widerlegt werden können. Die Absolutheit wird durch theoretische Überlegungen, experimentelle Ergebnisse und Erfahrungen untermauert und dadurch auch immer wieder für spätere Arbeiten und die weitere Bestätigung des Dogmas verwendet.
Die Autoregulation des zerebralen Blutflusses (CBF), die seit Jahrzehnten gelehrt wird, wird in der aktuellen Arbeit deutlich in Frage gestellt. Bereits 1890 zeigten tierexperimentelle Untersuchungen einen Zusammenhang zwischen dem Hirnvolumen bzw. dem zerebralvenösen Druck und Änderungen des arteriellen Blutdrucks. Je höher der Blutdruck sei, desto höher sei auch die Menge des Blutes, die das Gehirn durchströmt. Hier wurde die erste indirekte Analogie zum zerebralen Blutfluss getroffen, und die druckpassive Antwort der Hirngefäße auf Blutdruckänderungen postuliert. Nur wenige Jahre später (1930er Jahre) beobachtete man Diameterveränderungen von arteriellen Hirngefäßen bei Blutdruckänderungen. Erst 1959 wurde die druckpassive Regulation durch Lassen in Frage gestellt. Anhand 376 individueller gesunder und erkrankter Probanden, bei denen in sieben verschiedenen Studien iatrogene Blutdruckänderungen oder eine bestehende Hypertension untersucht wurden, zeigte Lassen, dass der zerebrale Blutfluss bei einem Blutdruck von 60–150 mmHg weitestgehend konstant gehalten wird. Modernere Messverfahren zeigen allerdings einen komplexeren Zusammenhang zwischen arteriellem Blutdruck und zerebralem Blutfluss. Blutdruckänderungen müssen deswegen zeitlich betrachtet werden: langfristige statische Änderungen mit einer geringen Frequenz führen in Minuten bis Stunden zu Änderungen des CBF, kurzfristige dynamische Änderungen beeinflussen den CBF innerhalb weniger Sekunden. Trotz stabiler statischer Bedingungen können kurze transiente Blutdruckänderungen den CBF dennoch beeinflussen. Lassen extrapolierte allerdings langsame statische Druckänderungen auf klinische Szenarien, die eher dynamische Fluktuationen auslösten. Obendrein reduzierte er seine Originaldaten um ca. 20 %, um eine bessere Kurvendarstellung zu erreichen.
2012 und 2013 zeigten experimentelle Daten ein deutlich reduziertes Autoregulationsplateau von max. 5–10 mmHg. Eine Übersichtsarbeit aus 2014 bzw. aktualisierte Daten der Autoren dieses Editorials zeigten weiterhin, dass trotz pharmakologisch induzierter Blutdruckänderungen ein druckpassiver Zusammenhang zwischen Blutdruck und CBF besteht. Es bestätigte erneut, dass die Autoregulation des CBF nur bei Änderungen von ± 10 % des Blutdrucks eintritt. Zusammengefasst gibt es kaum physiologisch/klinische Zustände bei denen ein konstanter CBF zu erwarten ist. Zusätzlich zeigen experimentelle Daten, dass Blutdruckerhöhungen mikrozirkulatorisch kompensiert werden können, während dies für Blutdruckabfälle nicht zu gelten scheint.
Obwohl dieses Editorial bereits 2021 publiziert wurde, sollte es 2023 trotzdem bedacht werden.
Johannes Gehron, Gießen