Indikationen
Geschichte
Der Zusammenhang zwischen elektrischen Impulsen und dem Herzschlag wurde im 19. Jahrhundert vom italienischen Physiker und Neurophysiologen Carlo Matteucci entdeckt. Um 1930 erfolgten die ersten Versuche mit Herzschrittmachern, aber es sollte ein weiteres Vierteljahrhundert dauern, bis 1958 Ake Senning und Rune Elmquist den ersten Patienten, Arne Larsson, mit dem ersten komplett implantierbaren Herzschrittmacher versorgten. Arne Larsson hat mit Hilfe der Schrittmachertherapie die beiden Entwickler derselben trotz zahlreicher Revisionsoperationen überlebt. Die Entwicklung der implantierbaren Herzschrittmacher hat seitdem einen rasanten Verlauf genommen [1]. Während der erste Senning-Schrittmacher nur 2 Stunden lang therapieren konnte, sind heute Laufzeiten über 10 Jahre Standard. Die Operation hat sich von einem heroischen Versuch der Lebensrettung für den jungen todgeweihten Patienten zu einem Standardeingriff mit kurzer OP-Zeit und niedrigen Komplikationsraten, zumindest in ausreichend trainierten Händen, entwickelt.
Ein therapeutischer Eingriff bedarf jedoch einer Indikation und einer nach vollständiger Aufklärung erfolgten Einwilligung. Indikationen müssen dem Stand der Wissenschaft und den darauf aufbauenden Leitlinien entsprechen. Eine leitliniengerechte Indikation ist Gegenstand der externen Qualitätssicherung, an der in Deutschland alle stationären implantierenden Zentren verpflichtend teilnehmen. Die aktuellen Leitlinien zur Herzschrittmachertherapie der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) stammen aus dem Jahr 2021, sind frei zugänglich und bilden die Grundlage der Behandlung [2].
Ebenso wichtig wie die Indikationsstellung ist die Beachtung der Kontraindikationen. Häufig werden allein die Gründe für eine Schrittmacherimplantation in den Fokus gerückt. Es besteht die Gefahr, vor allem bei hochbetagten und multimorbiden Patienten, zu übersehen, dass nicht durch Herzschrittmacherimplantation behebbare Ursachen einer niedrigen Lebensqualität oder auch behebbare Kontraindikationen für eine Operation zum geplanten Zeitpunkt (Infekt, Gerinnungshemmung) bestehen.
Indikationen
Patienten mit bradykarden Herzrhythmusstörungen leiden meist an Schwindel, Präsynkopen oder Synkopen, berichten über eine Reduktion der körperlichen Leistungsfähigkeit und leiden oft an einer schnellen Erschöpfung. Mitunter treten diese Beschwerden nur intermittierend auf, so dass die Diagnostik der zugrundeliegenden Rhythmuserkrankung schwierig sein kann.
Die Untersuchungen zur Indikationsstellung umfassen neben einer detaillierten Anamnese, die insbesondere die Situationen der beklagten Beschwerden einschließen sollte, eine EKG-Untersuchung. Finden sich hier keine Hinweise auf eine Herzrhythmusstörung, kann das Zeitfenster der EKG-Analyse durch ein Langzeit-EKG oder einen Eventrekorder erweitert werden. Weiterhin können eine Kipptischuntersuchung, ein Carotisdrucktest, ein Schellong-Test oder auch eine elektrophysiologische Untersuchung (EPU) die zugrundeliegende Rhythmuserkrankung aufdecken. Auszuschließen sind zudem passagere Ursachen, wie etwa eine durch Betablockertherapie induzierte kritische Elektrolytentgleisung oder akute Infektionen, z. B. mit Borrelien. In einem solchen Fall steht das Aussetzen einer kompromittierenden Medikation bzw. die Behandlung der Grunderkrankung im Vordergrund. Weiterhin müssen vor der Entscheidung für eine dauerhafte Herzschrittmachertherapie nicht-kardiale Ursachen ausgeschlossen werden. Diese können zentralnervös bedingt sein oder ihre Ursache in Innenohrerkrankungen haben.
Die häufigsten Diagnosen, die zu einer Schrittmacherindikation führen, sind [3]:
- Sick-Sinus-Syndrom (SSS)
- Atrioventrikulärblockierungen (AV-Block)
Eine systematische Einteilung der klinischen Symptome mit den Pfaden zur Diagnosefindung finden sich in der folgenden Abbildung 1.
In Analogie zu dieser Einteilung unterteilt auch die Europäische Gesellschaft für Kardiologie (ESC) die Indikationsklassen in Sinusknotenerkrankungen und AV-Block, und entsprechend ergeben sich die anschließend aufgelisteten Empfehlungen – siehe auch Abbildung 2a + b.
Quelle: Aktuelle ESC-Guidelines 2021; European Heart Journal (2021) 00, 1 94 doi:10.1093/eurheartj/ehab364
European Heart Journal (2021) 00, 1 94 doi:10.1093/eurheartj/ehab364
Legende:
AF atrial fibrillation
ATP antitachycardia pacing
AVB atrioventricular block
DDD dual-chamber, atrioventricular pacing
EPS electrophysiology study
SND sinus node dysfunction
SR sinus rhythm
a Class of recommendation
b Level of evidence
c In asymptomatic narrow QRS complex and 2:1 AVB, pacing may be avoided if supra-Hisian block is clinically suspected (concomitant Wenckebach is observed and block disappears with exercise) or demonstrated at EPS
Nach Diagnose- und Indikationsstellung zur Herzschrittmacherimplantation muss weiterhin die Entscheidung für ein geeignetes System getroffen werden. Die angefügte Abbildung 3 (a + b) veranschaulicht, welche Varianten bei den entsprechenden Erkrankungen empfohlen werden.
Allgemein sollte die Diagnose gut dokumentiert und der Zusammenhang zwischen den beklagten Beschwerden und der Rhythmusstörung belegt sein. Es muss dem indikationsstellenden Arzt bewusst sein, dass er mit dieser Entscheidung für den Patienten eine zumeist lebenslange Entscheidung trifft, die sorgfältig unter Beachtung der Patientenwünsche, der Gesamtprognose, der Erfolgsaussichten und in der Erwartung auf eine verbesserte Lebensqualität abzuwägen ist. Eine kritische, mit dem Patienten geführte Diskussion und eine gemeinsam getroffene Entscheidung sowie eine entsprechende Dokumentation sind hierbei unerlässlich.
Kontraindikationen
Zu den (behandelbaren) Kontraindikationen zählen:
Akute Infektion
Infektionsquellen sind vor einer Implantation eines Fremdkörpers mit Verbindung zum Endokard (Sonde) unbedingt zu identifizieren und wirksam zu behandeln. Bei einer Keimbesiedlung des Implantats bleibt als einzige therapeutische Option die Explantation, die zusätzlich zur indikationsbegründenden Rhythmusstörung weitere Risiken bringt. Überbrückend kann bei dringendem Stimulationsbedarf alternativ passager eine transkutan via Punktion eingebrachte aktiv-fixierbare Schrittmachersonde (sogenannte „Opfersonde“) eingesetzt werden. Hierbei wird dann außerhalb des Körpers ein Schrittmacheraggregat angekoppelt. Die Weiterverwendung eines zuvor entfernten Aggregates ist möglich, jedoch muss die Stimulationspolarität auf „bipolar“ programmiert und eine automatische Polaritätsänderung verhindert werden.
Lokalanästhetika-Unverträglichkeit
Häufig entsteht der Verdacht auf eine Lokalanästhetika-Unverträglichkeit bei einer zahnärztlichen Behandlung. Wird er danach nicht allergologisch abgeklärt, bleibt eine erhebliche Unsicherheit, die aufgrund der häufigen Kreuzallergien gegen die Verwendung eines weiteren Lokalanästhetikums spricht. In diesen Fällen ist der vollständige Verzicht auf Lokalanästhetika und die Durchführung der Implantation in Vollnarkose als sichere Alternative anzuraten.
Unklarer Gerinnungsstatus
Blutungskomplikationen nach Schrittmacherimplantationen sind häufig und erklären sich nicht allein aus schlechter chirurgischer Qualität bei der Implantation. Der häufige Einsatz von Thrombozytenaggregationshemmern und oralen Antikoagulantien sowie der niedermolekularen Heparine verschärft dieses Problem und ist durch penible intraoperative Blutstillung allein nicht sicher zu beherrschen. Der jeweilige Gerinnungsstatus muss mit Hilfe von Laboranalytik und Medikamentenanamnese beurteilt werden. Die aktuelle Studienlage spricht dafür, manche Antikoagulantien und andere Gerinnungshemmer fortzuführen, da die Komplikationsrate des Bridging mit Heparin größer ist als bei therapeutischer Gerinnungshemmung [4].
Fehlende Einwilligung
Nach dem ausführlichen und dokumentierten Aufklärungsgespräch muss der Patient dem Eingriff zustimmen. Das Aufklärungsgespräch und das Einholen der Einwilligung können durch jeden sachkundigen Arzt geführt werden, auch wenn der Eingriff durch einen anderen Arzt durchgeführt wird. Die Aufklärung und Einwilligung sollte aus Beweissicherungsgründen schriftlich dokumentiert und in der Behandlungsakte abgelegt werden. Der Patient erhält eine Kopie der von ihm unterzeichneten Einwilligungserklärung. Nur bei bewusstlosen Patienten darf von dieser Grundregel für alle medizinischen Maßnahmen abgewichen und auf den mutmaßlichen Willen und einen (Not-)Vertreter ausgewichen werden. Ein wichtiger Aspekt im Rahmen der Aufklärung über eine Schrittmacherimplantation ist die Fahrtüchtigkeit des Patienten und gegebenenfalls ein faktisches Berufsverbot, sollte der Patient nach der Implantation beruflich benötigte Maschinen mit starken Magnetfeldern nicht mehr nutzen (Generatoren, Induktionskochfelder, Baumaschinen, Transformatoren etc.) oder nicht mehr als Berufskraftfahrer tätig sein können.
Infrastruktur
Bei der Implantation von Herzschrittmachern handelt es sich um die Implantation eines Fremdkörpers mit Verbindung zum Endokard. Daher sollten hierbei hohe infrastrukturelle und hygienische Anforderungen erfüllt werden, die in den aktuellen Empfehlungen der DGK und DGTHG beschrieben werden [5]. Folgende Voraussetzungen sind wichtig [6]:
Ausstattung
Die apparativen und instrumentellen Voraussetzungen eines Operationssaales zur Implantation eines Herzschrittmachers umfassen:
- Elektrisch verstellbarer und durchleuchtungsfähiger Operationstisch
- Lichtquelle, sowohl stationär und gegen Stromausfall abgesichert als auch mobil (Kopflampe)
- Diathermiegerät
- Absaugvorrichtung
- EKG-Monitoring
- Unblutige und blutige Blutdruckmessung
- Oxymetrie
- Sauerstoff
- Narkosegerät
- Externer Defibrillator
- Intubationsmöglichkeit einschließlich Notfallbesteck bei schwierigen Atemwegen
- Medikamente und Infusionen zur Schmerzbehandlung und Narkose
- Instrumentarium
- Operationstextilien
- Nahtmaterial
- Verbandsmaterial
- Durchleuchtungsgerät und Bildwandler
- Bilddatenübertragung an das Klinikinformationssystem
- Herzschrittmacherprogrammiergerät mit Pace-Sense-Analyzer (PSA) zur intraoperativen Messung von Stimulation und Wahrnehmung sowie zur Herzschrittmacherprogrammierung
- Strahlenschutzmaterial (Bleiweste, Bleischeibe, Bleivorhang)
Ein verstellbarer OP-Tisch ist insbesondere zur Punktion der Vena subclavia und bei vasovagalen Reaktionen des Patienten hilfreich. Die fernsteuerbare elektrische Verstellbarkeit durch das unsterile OP-Personal erleichtert eine schnelle Reaktion auf einen Blutdruckabfall oder die Anforderungen des Operateurs. Die Überwachung von Puls, Sauerstoffsättigung, Elektrokardiogramm und Blutdruck und die optische und akustische Übertragung der Werte bzw. der Verletzung der Alarmgrenzen ist obligat, um zeitnah auf rhythmogene Synkopen oder sonstige Komplikationen wie einen Pneumothorax reagieren zu können. Die möglichen gefährlichen Komplikationen machen die Vorhaltung eines externen Defibrillators, Notfallintubationsbesteck und Notfallmedikamente erforderlich. Der Durchleuchter sollte zur Dosisreduzierung direkt vom Operateur bedienbar sein und die Möglichkeit zur radiologischen Datenübertragung in das Klinikinformationssystem und zum Abruf bereits aufgenommener Sequenzen wie einer Koronarsinus- oder Subclaviadarstellung enthalten.
An chirurgischem Instrumentarium benötigt werden Skalpelle, Scheren, anatomische Pinzetten, Tuchklemmen, gebogene und gerade Klemmen, Wundspreizer, Wundhaken, Kompressen sowie eine feine gefäßchirurgische Schere und Pinzette. Weiterhin bedarf es Gefäße für Lokalanästhetika, Hautdesinfektionsmittel, Kochsalzlösung und Kontrastmittel. Schließlich gehören resorbierbare Fäden der Stärke 3-0 oder 2-0 für die Gefäßligatur und den subkutanen Wundverschluss sowie nicht resorbierbare geflochtene Fäden der Stärke 2-0 für die Sondenfixierung zur Grundausstattung. Für die Hautnaht kommen nicht resorbierbare oder resorbierbare Fäden der Stärke 4-0 zum Einsatz. Auch der Einsatz von Hautklammern ist möglich.
Des Weiteren benötigt man Aggregate, Sonden und steril verpackte Messkabel zur intraoperativen Bestimmung der Reizschwellen, der Wahrnehmung und zur Darstellung des induzierten Verletzungsstromes. Letztere weisen nach einigen Resterilisationen häufig Defekte auf, so dass ein intraoperativer Austausch erforderlich werden kann. Im Falle einer Revision werden unter anderem separat verpackte Schraubendreher, Blindstopfen, Adapter, Ersatzmandrins, Drehhilfen und Reparatursets benötigt. Für das Diathermiegerät ist idealerweise aufgrund der großen Präparationsfläche und der durch Gerinnungshemmer notwendigen aufwendigen Blutstillung eine Rauchgasabsaugung vorzusehen. Zu guter Letzt bedarf es eines Messgerätes (PSA – Pace/Sense Analyzer) für die intraoperative Sondenmessung.
Personelle Ausstattung
Jede medizinische Behandlung muss dem Stand der Wissenschaft und dem Facharztstandard entsprechend von einem ausreichend qualifizierten Arzt durchgeführt werden. Die fachliche Befähigung kann dieser durch Zertifikate nachweisen, die von den beiden deutschen Fachgesellschaften [7] vergeben werden. Sie garantieren eine ausreichende fachliche und praktische Ausbildung, was die Eingriffsqualitäten steigern und die Komplikationsraten reduzieren soll.
Für die Qualifikation der Operateure sind die Anforderung durch die Fachgesellschaften definiert:
Das Curriculum der Deutschen Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie aus dem Jahr 2013 [8] definiert ein dreigeteiltes Zertifikat für
- Basisschrittmachertherapie (Modul 1)
- Spezielle Herzschrittmachertherapie und ICD-/CRT- und CCM-Therapie (Modul 2)
- Revisionen bei kardialen elektronischen Rhythmusimplantaten (Modul 3) [9]
So sind für die Operateure folgende Richtzahlen zum Erwerb der Zertifikate nachzuweisen:
Modul I (Schrittmacherimplantation):
- 75 transvenöse Schrittmacherimplantationen als primärer Operateur unter Anleitung eines erfahrenen Ausbilders, darunter mindestens 40 Zweikammersysteme
- 25 Aggregatwechsel
- 250 Schrittmacherkontrollen
Modul II (ICD-, CCM- und CRT-Implantation):
- 35 transvenöse ICD-, CRT- und/oder CCM-Systemimplantationen
- 10 Aggregatwechsel bei ICD-, CRT- und/oder CCM-Systemen
- 80 Kontrollen von ICD- und/oder CRT-Systemen einschließlich Programmierung
- Kenntnisse der Implantation von epimyokardialen Sonden
Modul III (Extraktionen und Revisionseingriffe):
- 40 Revisionseingriffe bei Herzschrittmacher-, ICD- und/ oder CRT-Systemen
- Kenntnisse der Implantation, Revision oder Entfernung von epimyokardialen Sonden
Das Zertifikat hat nach Erwerb eine Gültigkeit von 5 Jahren und kann durch Nachweis von definierten Fallzahlen an Operationen und Nachkontrollen erneuert werden. Fachliche Voraussetzung ist beim ersten Modul (Basisschrittmachertherapie) der Besitz des Facharztes für Innere Medizin, Chirurgie oder Herzchirurgie, beim zweiten Modul (ICD/CRT) der Facharzt für Innere Medizin mit Zusatzbezeichnung Kardiologie, der Facharzt für Chirurgie mit der Facharztkompetenz Herzchirurgie oder der Facharzt für Herzchirurgie, während das Zertifikat für das dritte Modul (Revisionen) ausschließlich an Fachärzte für Herzchirurgie oder Fachärzte für Chirurgie mit der Facharztkompetenz Herzchirurgie vergeben wird.
Systeme
Zur Unterscheidung der Funktionsweise der Systeme wurde international die Nomenklatur nach dem NBG-Code definiert. Dieser lässt die einfache Unterscheidung nach Stimulationsort, Detektionsort und Funktionseigenheit zu. Die nachfolgende Abbildung 4 illustriert dies.
Bei Herzschrittmachern wird zum einen nach der Anzahl der angesteuerten Herzkammern unterschieden, zum anderen nach konventionellen Herzschrittmachern mit epimyokardialen oder transvenösen Sonden und dem Aggregat in einer gesonderten Aggregattasche sowie intrakardialen Herzschrittmachern ohne Sonde – siehe Abbildung 8. Begrifflich wird von Dreikammersystemen gesprochen, wenn beide Hauptkammern (rechter Ventrikel und linker Ventrikel) neben der rechten Vorkammer mit einer Sonde versorgt sind. Insofern ist die Nomenklatur hier verwirrend, da im Hinblick auf die ventrikuläre Resynchronisation auch von „biventrikulären“ oder „Dreikammer“-Systemen gesprochen wird.
- Einkammerschrittmacher (1K-SM) oder
- AAI/VVI-Schrittmacher: eine Sonde im rechten Atrium oder im rechten Ventrikel – Abbildung 5
- Zweikammerschrittmacher (2K-SM) oder DDD-Schrittmacher: eine Sonde im rechten Atrium und eine im rechten Ventrikel – Abbildung 6
- Dreikammerschrittmacher oder C(ardiac) R(esynchronisation) T(herapy)-P(acer): eine Sonde im rechten Atrium, eine im rechten Ventrikel und eine in einer Herzvene des linken Myokards – Abbildung 7
Zusätzlich gibt es die angehängte Bezeichnung -R, welche für die Integration eines Aktivitätssensors steht. Dieser erfasst die Patientenaktivität und passt die Stimulationsfrequenz des Herzschrittmachers automatisch an das erfasste Aktivitätsniveau an.
Zur Veranschaulichung sollen die folgenden Röntgenthoraxaufnahmen dienen:
Implantation
Zur Implantation von Herzschrittmachern bedarf es neben der Wahl des Systems auch der Wahl der Implantationsseite. Hier gilt es, eine Vielzahl von mehr oder weniger zwingenden Beweggründen gegeneinander abzuwägen. Beim Einsatz unipolarer Sonden ist das Stimulationsfeld zwischen Sonde und Aggregat bei Implantation auf der linken Brustseite günstiger. Auch eine spätere Aufrüstung auf ein Defibrillations- oder CRT-System ist von links einfacher auszuführen und hat ein effektiveres Schock- und Stimulationsfeld zur Folge. Aus hygienischen Gründen verhindert gelegentlich ein in der Vena subclavia sinistra liegender zentraler Venenkatheter eine Implantation auf dieser Seite und zwingt zur kontralateralen Implantation. Weitere Gründe für ein Ausweichen auf die rechte Seite sind die vorangegangene Implantation eines Demers- oder Port-Katheters links präpektoral oder ein Verschluss der Vena subclavia, z. B. in Folge einer Extraktion. Ein häufig präoperativ unbekannter Hinderungsgrund für eine linksseitige Implantation ist eine persistierende obere linke Hohlvene. Zwar kann auch auf diesem Weg das Herz mit Elektroden versorgt werden, es führt aber aufgrund des deformierten Koronarsinus zu Platzierungsproblemen bei den ventrikulären Elektroden. Zu berücksichtigen sind des Weiteren die Präferenzen des Patienten. Je nach dominanter Hand werden viele Patienten und insbesondere Jäger und Sportschützen die kontralaterale Seite für die Implantation bevorzugen.
Das Operationsfeld sollte möglichst klein gehalten werden. Für die Implantation eines Herzschrittmachers genügt ein sichtbares Feld mit einem Durchmesser von 10 cm über dem Sulcus deltoideopectoralis. In der Regel ist zur Implantation die Lokalanästhesie, ggf. in Kombination mit einer leichten Sedierung, ausreichend. Im Falle einer angestrebten submuskulären Aggregatlage (z. B. aufgrund Kachexie des Patienten) kann die tiefere Sedierung und Analgesie erforderlich sein.
Zur Verhinderung perioperativer Infektionen ist die Einhaltung der operativen Sterilität unerlässlich. Hierzu ist es erforderlich, den Eingriff in einer Räumlichkeit der geforderten Reinluftklasse durchzuführen. Die präoperative gründliche Enthaarung und Desinfektion des Operationsgebietes unter Beachtung der notwendigen Einwirkzeit und Desinfektionsmittelmenge und auch die adäquate Antibiotikaprophylaxe (staphylokokkenwirksam, z. B. Cefazolin 1–2 g i. v. oder Flucloxacillin 1–2 g i. v.) 30–60 Minuten vor Hautinzision ergänzen die notwendigen Maßnahmen.
Messung
Für das Ausmessen der Sonden des Herzschrittmachers werden je nach Hersteller ein Programmiergerät mit einem integrierten PSA-Modul oder komplett eigenständige PSA-Geräte eingesetzt. Leider sind dafür je nach Hersteller unterschiedliche Messkabel ohne Kompatibilität untereinander erforderlich. Dennoch gleichen sich die Grundfunktionen aller PSA-Module und ermöglichen die Ausmessung von Standardsonden aller Hersteller. Das Einmessen der Sonden sollte nach Standard unabhängig von den vom Hersteller des Schrittmachers im PSA-Modul hinterlegten Einstellungen erfolgen, um die Anforderungen der gesetzlichen Qualitätssicherung zu erfüllen.
Ausmessen der Sonden
Je nach Art der Sonde (IS-1, IS-4; IS – Industriestandard) werden die Kontakte des Messkabels an die jeweiligen Stimulationskontakte (Kathode und Anode) der Sonde angeschlossen. Sollte es sich um eine unipolare Sonde handeln, wird der zweite Messkontakt (Anode) an die Haut oder an ein metallisches Objekt (Sperrer) mit Kontakt zum Körper des Patienten angeschlossen. Nachdem die Sonde im Herzen verankert wurde, sollte im PSA-Modul ein Verletzungspotenzial erkennbar werden. Dieses ähnelt einem akuten ST-Hebungsinfarkt im EKG und wird durch die Verletzung des Myokards beim Einschrauben der Sonde verursacht. Sollte ein solches Verletzungssignal nicht ableitbar sein, hat die Sonde keinen oder schlechten Kontakt zum Myokard und muss umplatziert werden. Als nächstes wird die Wahrnehmung (Sensing) überprüft. Eine gute Wahrnehmung mit Diskriminationsmöglichkeit ist für die Funktion des Herzschrittmachers wichtig. Ist die Wahrnehmung zu niedrig, kann es zu einer Fehldetektion kommen und der Herzschrittmacher stimuliert im schlechtesten Fall in die vulnerable Phase der Erregungsausbreitung und löst dadurch Kammerflimmern aus. Eine Ausnahme bilden Patienten mit einem AV-Block III° oder mit SA-Block III°: Hier ist es durchaus möglich, dass keine Wahrnehmung gemessen werden kann, da der Patient keinen Herzrhythmus über das primäre (Sinus-Knoten), sekundäre (AV-Knoten) oder tertiäre Schrittmacherzentrum (HIS-Bündel/Purkinje-Fasern) des Herzens erzeugt. Der Wahrnehmungswert eines passageren Schrittmachersignals hat keine Bedeutung, da es sich nur um ein stimuliertes Signal handelt, das bei Entfernung des passageren Schrittmachers sistiert. In der Folge wird die Impedanz der Sonde per Stimulation über das PSA-Gerät bei einem Output von 5,0 Volt über eine Impulsbreite von 0,5 Millisekunden überprüft. Als Standard ist eine Stimulationsfrequenz von 90 Schlägen/Minute bei fast allen PSA-Modulen voreingestellt. Sollte diese nicht ausreichen, erhöht man die Frequenz auf eine Frequenz oberhalb des Eigenrhythmus des Patienten. Ist die Impedanz an zahlreichen Stellen größer als 2000 Ohm, kann die Ursache im Myokard liegen, zum Beispiel im Rahmen einer Pericarditis constrictiva (Panzerherz), oder technischer Natur sein wie bei einem Sondenbruch. Als letztes wird die Reizschwelle der Sonde gemessen. Dafür wird vom PSA-Gerät aus eine Stimulation 5,0V/0,5ms mit ausreichend hoher Frequenz gestartet und schrittweise reduziert, bis diese ineffektiv wird (sogenannter Capture-Verlust). Zusätzlich werden alle Elektroden und insbesondere die linksventrikulären Sonden auf zu große Nähe zum Nervus phrenicus mit einem Output von 10,0 V/0,5 ms getestet, und es wird versucht, einen ausreichenden Sicherheitsabstand zwischen Zwerchfell- und Herzstimulation herzustellen. Eine anhaltende Zwerchfellstimulation kann zum Umplatzieren der Sonden zwingen. Im EKG zeigt sich je nach Ort der Stimulation ein Linksschenkelblock (RV-Sonde), ein Rechtsschenkelblock (LV-Sonde) oder eine P-Welle (RA-Sonde). Eine Ausnahme bildet das HIS-Bündel-Pacing. Im Erfolgsfall zeigt sich hierbei im EKG eine normale Ausbreitung der Reizimpulse auf das Myokard. Allerdings ist HIS-Stimulation schwer zu etablieren und hat häufig hohe Reizschwellen.
Besonderheiten
Bei den sondenlosen Schrittmachersystemen (sogenannte Leadless Pacer oder TPS-Systeme) wird aufgrund der vollständigen Implantation im rechten Ventrikel die Messung auch bei der Implantation über das Programmiergerät per Funkübertragung durchgeführt, da hier keine Messmöglichkeit über ein Kabel besteht.
Nachsorge
Die erste Kontrolle des Herzschrittmachers sollte 24 Stunden nach der Implantation durchgeführt werden. Dabei werden die Sondenwerte (Wahrnehmung, Impedanz, Reizschwelle) erneut überprüft. Die Kontrolle wird über das zum Herzschrittmacher passende Programmiergerät des jeweiligen Herstellers durchgeführt. Die Normwerte entsprechen den für die Implantation oben genannten Werten.
Die nächste Kontrolle erfolgt innerhalb der nächsten 6 bis 8 Wochen und danach als Routine alle 6 Monate.
Bei beginnender Aggregaterschöpfung des implantierten Herzschrittmachers wird das Kontrollintervall wieder verkürzt. Drei Monate vor endgültiger Batterieerschöpfung zeigen die Aggregate in der Nachsorge das Erreichen des Wechselzeitpunktes an (ERI – Elective Replacement Indication).
Programmierung
Je nach Grunderkrankung und Indikation für die Implantation eines CIED (Cardiac Implantable Electronic Device) sollte eine maßgeschneiderte Programmierung des Systems erfolgen.
Sick-Sinus-Syndrom
Das Sick-Sinus-Syndrom umfasst verschiedene Indikationen, vom SA-Block/Sinusknotenarrest über die chronotrope Inkompetenz bis zum paroxysmalen Vorhofflimmern mit präautomatischen Pausen (Tachykardie-Bradykardie-Syndrom).
Grundsätzlich orientiert sich die Schrittmachertherapie beim Sick-Sinus-Syndrom an der korrelierenden Symptomatik, ein Überlebensvorteil für die Schrittmachertherapie ist hier nicht belegt. Der Ort der Problematik liegt im Vorhof und da unnötige Stimulationen in der Hauptkammer langfristig zu einer Herzschwäche führen können, sollte die Programmierung stets das Ziel haben, eine ventrikuläre Stimulation so weit wie möglich zu vermeiden. Dazu wird bei Zweikammersystemen die AV-Zeit, also die Zeit, welche das Signal für die Überleitung vom Atrium auf den Ventrikel benötigt, angepasst. Je nach Hersteller gibt es zusätzliche Algorithmen (MVP, VIP, IRSplus etc.), um dies zu gewährleisten. Die Aktivierung dieser ist, sofern es sich um ein reines Sinusknoten-Syndrom ohne Beeinträchtigung der AV-Überleitung handelt, in der Regel sinnvoll. Im Falle einer chronotropen Inkompetenz ist zusätzlich die Aktivierung der Sensorfunktion (-R) zur Aktivitätsanpassung der Herzfrequenz wichtig. Unter Vorhofflimmern ist eine atriale Stimulation nicht möglich. Zweikammer-Systeme führen dann den sogenannten „Mode switch“ durch, die automatische Änderung des Betriebsmodus bei Vorhofflimmern in den VVI-Modus, welche die Signaldetektion und Stimulation auf die Hauptkammer beschränkt. Kommt es zur erneuten Konversion in den Sinusrhythmus, schaltet das Aggregat dann wieder zurück in den DDD-Modus. Zwecks Erhalts einer chronotropen Kompetenz ist für diese Fälle auch die Hinzunahme der Sensorfunktion (VVI-R) sinnvoll. Beim Bradykardie-Tachykardie-Syndrom mit langen Pausen ist eine Programmierung ohne R-Modus ausreichend.
AV-Block
Bei atrioventrikulären Blockierungen ist die Überleitung zwischen dem Sinusknoten und dem AV-Knoten beeinträchtigt (AV-Block I° und AV-Block II°) oder vollständig unterbrochen (AV-Block III°). Bei erhaltenem Sinusrhythmus sollte die Programmierung so gewählt werden, dass die Synchronität zwischen dem Atrium und dem Ventrikel erhalten bleibt, dafür ist der DDD-Modus am besten geeignet. Sollte ein permanentes Vorhofflimmern bestehen, ist die Einstellung des VVIR-Modus zu empfehlen.