EINLEITUNG
Die Geschwindigkeit der modernen Medizin führt zu immer komplexeren Herausforderungen im Klinikalltag. Die Angehörigen der Gesundheitsberufe benötigen daher ein breites Spektrum an technischen Kenntnissen, um mit dem raschen Fortschritt und den neuen Entwicklungen bei medizinischen Geräten Schritt halten zu können [1]. Die Ausbildung von Perfusionist:innen hat sich von der klassischen Ausbildung am Arbeitsplatz zu einer akademischen Ausbildung mit entsprechend höheren Anforderungen an diesen Beruf entwickelt [2]. Mit fortschreitender wissenschaftlicher Auseinandersetzung und Grundlagenforschung im Bereich Perfusion sind Perfusionist:innen in der Lage, unterschiedliche Gesetzmäßigkeiten und Verfahren selbständig auf eine Vielzahl von klinischen Situationen zu übertragen und anzuwenden. So ist es beispielsweise möglich, die zu erwartende Hämoglobinkonzentration nach einer Hämodilution mit der Priminglösung der HLM genau zu berechnen und entsprechend zu handeln, um die Patientenparameter innerhalb physiologisch sicherer Grenzen zu halten [3]. Die Einstellung der inspiratorischen Sauerstofffraktion FiO2 der HLM ist ein entscheidendes Element für die Oxygenierung des Blutes des Patienten während der extrakorporalen Zirkulation (EKZ) [4,5]. Wenn diese Einstellungen nicht korrekt erfolgen oder außerhalb von einem physiologischen Zielbereich liegen, kann es zu einer Hypo- bzw. Hyperoxie führen, die negative physiologische Auswirkungen auf die Organe haben kann [6–8]. Im Allgemeinen basiert die Ersteinstellung des Gasmischers für die FiO2 auf der Erfahrung des Perfusionisten sowie auf einigen spezifischen Patientenkriterien. Eine Berechnungsformel oder Vorgehensweise für die präoperative Einstellung des Sauerstoff-Gasmischers ist der zum jetzigen Zeitpunkt vorliegenden Literatur nicht zu entnehmen. Um diese Aussage zu untermauern, haben wir eine bundesweite Umfrage in den kardiovaskulären Perfusionsabteilungen der deutschen Herzzentren durchgeführt.
MATERIAL UND METHODEN
In Deutschland gibt es derzeit 78 herzchirurgische Abteilungen, in welchen rund 600 Perfusionist:innen beschäftigt sind [9]. Die teilnehmenden Abteilungen wurden so ausgewählt, dass sie einen Querschnitt der deutschlandweiten Perfusionsabteilungen repräsentieren. Der Fragebogen wurde mit der Software SurveyMonkey erstellt. Die Fragen konnten mit Ja oder Nein oder ausführlicher mit mehreren vorgegebenen Antwortmöglichkeiten beantwortet werden. Zu jeder Frage gab es auch die Möglichkeit, eine frei formulierte Antwort zu geben. Die Fragen waren über einen von SurveyMonkey erstellten QR-codierten Link zugänglich, der nach telefonischer Zustimmung per E-Mail an die leitenden Perfusionist:innen versandt wurde [10]. Die Teilnehmenden hatten sechs Wochen Zeit, um den Fragebogen zu beantworten, nachdem sie von den leitenden Perfusionist:innen eine E-Mail-Einladung erhalten hatten. Nach Abschluss der Online-Umfrage wurden die Antworten von der Software SurveyMonkey verschlüsselt, so dass eine Weiterverfolgung gemäß den Datenschutzbestimmungen nicht möglich war. Die Umfrage umfasste die folgenden Fragen:
- Nach welchen Kriterien stellen Sie den FiO2-Wert an der Herz-Lungen-Maschine ein, bevor diese für die extrakorporale Zirkulation gestartet wird?
Mögliche Antworten:
a. Erfahrung, b. Leistungsdaten des Oxygenators, c. keine spezifischen Kriterien, d. Formel (wenn ja, welche Formel verwenden Sie?)
- Welche patientenspezifischen Kriterien verwenden Sie für die Einstellung des FiO2 an der Herz-Lungen-Maschine vor Beginn der extrakorporalen Zirkulation?
Mögliche Antworten:
a. Größe, b. Gewicht, c. Herzzeitvolumen, d. Hämoglobin, e. Geschlecht, f. Körperoberfläche, g. Sauerstoffverbrauch des Patienten, h. Vorerkrankungen, i. Nahinfrarotspektroskopie, j. andere Kriterien
- Was ist Ihr Ausgangszielwert für paO2 nach Erreichen des vollen Flusses der Herz-Lungen-Maschine?
Mögliche Antworten:
a. kein Ziel-paO2, b. <99 mmHg, c. 100–149 mmHg, d. 150–199 mmHg, e. 200–249 mmHg, f. 250–299 mmHg, g. 300–349 mmHg, h. 350–399 mmHg, i. 400–449 mmHg, j. 450–499 mmHg, k. >500 mmHg
- Erreichen Sie normalerweise Ihren Zielwert für paO2?
Mögliche Antworten:
a. ja, +/-20 mmHg, b. nein, in der Regel höher, c. nein, in der Regel niedriger
- Passen Sie Ihren Zielwert für paO2 während der extrakorporalen Zirkulation an?
Mögliche Antworten:
a. gleichbleibender Zielwert b. Zielwert an spezifische perioperative Situationen angepasst c. kein Zielwert
- Welche Art von Luft-Sauerstoff-Gasgemisch verwenden Sie in Ihrer Herz-Lungen-Maschine?
Mögliche Antworten:
a. elektronischer Ventilgasmischer b. manueller Ventilgasmischer
- Verwenden Sie verschiedene Herz-Lun- gen-Maschinenschläuche und Oxygenator-Sets?
Mögliche Antworten:
a. nein, nur ein Set. Bitte angeben. b. ja, verschiedene Sets. Bitte angeben.
- Kennen Sie die Leistungsdaten Ihrer Oxygenatoren?
Mögliche Antworten:
a. ja. b. nein.
- Ist es wünschenswert, mit einer vorher berechneten Einstellung des FiO2 am Luft-/Sauerstoff-Gasmischer der Herz-Lungen-Maschine einen Ziel-paO2 erreichen zu können? Mögliche Antworten:
a. ja. b. nein.
- Glauben Sie, dass ein hoher perioperativer paO2 zu Endorganschäden führen kann?
Mögliche Antworten:
a. ja. b. nein. c. vielleicht
STATISTIK
Die Umfragedaten wurden in eine Microsoft Access-Datenbank extrahiert und auf mögliche Eingabefehler überprüft. Die Auswertung erfolgte mit Microsoft Excel Redmond, Washington, USA. Die deskriptive Darstellung umfasste die Gesamtzahl und die Häufigkeit der gewählten Antworten.
ERGEBNISSE
Die Rücklaufquote betrug 35 % bei 92 Fragebögen der 27 einbezogenen Herzzentren mit 266 Perfusionist:innen. Die durchschnittliche Zeit, welche die Teilnehmenden für die Beantwortung der Fragen in der Umfrage benötigten, betrug 3,55 Minuten. Alle Fragebögen wurden korrekt ausgefüllt. Im Weiteren erfolgt eine Auswertung der Antworten der Umfrage.
Zu Frage 1: Kriterien für die Einstellung des FiO2 an der Herz-Lungen-Maschine vor deren Start für die extrakorporale Zirkulation
Die Mehrheit der Perfusionist:innen stellt den FiO2 nach ihrer Berufserfahrung (n = 74; 80,4 %) und teilweise nach den Leistungsdaten des Oxygenators ein (n = 47; 51,1 %). Nur eine Minderheit gab keine Kriterien (n = 4; 4,4 %) an. Zwei Perfusionist:innen antworteten, dass sie eine Formel verwenden: eine:r gab an, das 0,5-fache des Herzzeitvolumens zu verwenden; der/die zweite gab keine Formel an (siehe Abb.1).

Zu Frage 2: Patientenspezifische Kriterien für die Einstellung des FiO2 an der Herz-Lungen-Maschine vor dem Beginn der extrakorporalen Zirkulation
Biometrische Daten wie Körpergewicht (n = 47; 51,1 %), Körpergröße (n = 43; 46,7 %) und Körperoberfläche (n = 34; 37,0 %) spielen bei der initialen FiO2-Einstellung des Gasmischers eine große Rolle. Ebenso wie physiologische Parameter wie das Herzzeitvolumen (n = 48; 52,2 %), der Hämoglobinspiegel (n = 28; 30,4 %) und der Sauerstoffverbrauch (n = 24; 26,1 %). Ein weiterer Faktor ist die Berücksichtigung vorbestehender Krankheiten (n = 32; 34,8 %). Einige kleinere Faktoren bei der Festlegung des FiO2 sind das Geschlecht (n = 8; 8,7 %) und die Nahinfrarotspektroskopie (n = 8; 8,7 %). Unter den anderen Kriterien spielt auch die Temperatur eine Rolle bei der Einstellung des FiO2 (n = 7; 7,61 %) (siehe Abb. 2).

Zu Frage 3: Anfangszielwert für paO2 nach Erreichen des vollen Flusses der Herz-Lungen-Maschine
Ein paO2-Zielwert von weniger als 99 mmHg oder über 300 mmHg wurde von keinem der Teilnehmenden gewählt. Ein/e Perfusionist:in gab keinen Zielwert an. Die meisten Perfusionist:innen strebten einen Wert von 150–199 mmHg (n = 40; 43,5 %) und 200–249 mmHg (n = 27; 29,4 %) an, während einige mit 100–149 mmHg (n = 16; 17,4 %) niedriger oder mit 250–299 mmHg (n = 8; 8,7 %) einen höheren Anfangszielwert an der HLM wählten (siehe Abb.3).

Zu Frage 4: Erreichen des Zielwertes für paO2
Die Mehrheit der Perfusionist:innen ist in der Lage, den eingestellten Zielwert innerhalb eines Korridors von +/- 20 mmHg zu erreichen (n = 68; 73,9 %). Einige Perfusionist:innen streben einen Wert an, der über dem eingestellten Zielwert liegt (n = 24; 26,1 %). Jedoch gab kein:e Perfusionist:in an, dass er/sie nicht in der Lage ist, den eingestellten Ziel-paO2-Wert zu erreichen.

Zu Frage 5: Anpassung des paO2-Ziel- wertes während der extrakorporalen Zirkulation
Abhängig von spezifischen perioperativen Situationen neigen die meisten Perfusionist:innen dazu, ihren Zielwert für paO2 entsprechend zu ändern (n = 55; 59,8 %), anstatt einen konstanten paO2-Wert während der gesamten Operation beizubehalten (n = 31; 33,7 %) oder überhaupt keinen Zielwert zu haben (n = 1; 1,1 %). Ein:e Perfusionist:in verfolgte die Strategie eines Soll-paO2 von 120 mmHg in der Endphase der Aortenabklemmung und nach Ende der Ischämiezeit einen reduzierten Soll-paO2 von 90–100 mmHg in der Reperfusionsphase. Ein:e andere:r Perfusionist:in hatte anstelle des paO2 einen Ziel-pvO2 im Bereich von 35–45 mmHg (siehe Abb. 5).
Zu Frage 6: Art des Luft-Sauerstoff-Gasmischers in der Herz-Lungen-Maschine
Die Mehrheit der befragten Perfusionist:innen verwendet HLMs mit elektronischem Ventil-Gasblender (n = 78; 84,8 %) und nur eine Minderheit der Zentren verwendet noch mechanische Ventil-Gasblender (n = 11; 13,0 %). Nur drei Perfusionist:innen verwenden eine Kombination aus elektronischem und mechanischem Gasblender (n = 3; 3,3 %).
Zu Frage 7: Verwendung verschiedener Herz-Lungen-Maschinenschläuche und Oxygenator-Sets
Die Mehrheit der befragten Perfusionist:innen nutzen in ihrer Perfusionsabteilung verschiedene HLM-Sets (n = 85;92,4 %) – im Vergleich zu denen, die Sets von nur einem Hersteller (n = 7; 7,6 %) verwenden. Die am häufigsten verwendeten Sets für die HLM-Anwendung sind von den Firmen Terumo (FX 25), Maquet (Quadrox i), Medtronic (Fusion) und LivaNova (Inspire 8F) (siehe Abb. 5).

Zu Frage 8: Kennen Sie die Leistungsdaten Ihrer Oxygenatoren?
Die Mehrheit der Perfusionist:innen gab an, die Leistungsdaten ihrer Oxygenatoren zu kennen (n = 81; 88 %). Aus den hinzugefügten Kommentaren ging jedoch hervor, dass den Perfusionist:innen nur ein Teil der Daten zur Verfügung steht und in der Regel nur die maximale Blutflussrate umfasst. Einige Perfusionist:innen verfügen über keinerlei Informationen zu den Leistungsdaten ihrer Oxygenatoren (n = 11; 12 %) (siehe Tab.1).

Zu Frage 9: Ist es wünschenswert, einen Ziel-paO2 mit einer vorher berechneten Einstellung des FiO2 am Luft-/Sauerstoff-Gasmischer der Herz-Lungen-Maschine zu erreichen?
Etwa die Hälfte der teilnehmenden Perfusionist:innen wünscht sich eine berechnete Einstellung des FiO2 an ihrem Gasmischer (ja, n = 55; 59,8 % vs. nein, n = 37; 40,2 %), um einen Ziel-paO2 zu erreichen (siehe Tab. 2).

Zu Frage 10: Stellungnahme zu Organschäden, die durch hohen perioperativen paO2 verursacht werden
Die Mehrheit der Perfusionist:innen glaubt, dass ein hoher paO2–Wert zu Endorganschäden führen kann (n = 65; 70,7 %). Weitere Befragte beantworteten die Frage mit „vielleicht” (n = 15; 16,3 %) oder „nein” (n = 12; 13 %). In einem hinzugefügten Kommentar wurde angemerkt, dass es wahrscheinlich ist, dass bei einem anhaltend hohen paO2-Wert über einen bestimmten Schwellenwert hinaus eine signifikante Anzahl freier Radikale erzeugt wird, die zu Endorganschäden führen können. Diese Aussage ist jedoch nicht gesichert (Abb. 6).

DISKUSSION
Um die Praktiken im Zusammenhang mit dem Einsatz der HLM zu verbessern, ist es wichtig, die täglichen routinemäßigen Arbeitsabläufe der Perfusionist:innen zu kennen. Deshalb war das Ziel der vorliegenden Arbeit, eine deutschlandweite Übersicht über die aktuellen Einstellungen an der HLM zur „inspiratorischen“ Sauerstofffraktion zusammenzustellen.
Eine höhere Rücklaufquote der Umfrage würde zu einem genaueren Ergebnis führen [11,12]. Mit einer Rücklaufquote von 35 % von 266 möglichen Fragebögen kann diese Umfrage jedoch nützliche und repräsentative Erkenntnisse über das Management der präoperativen Sauerstofffraktionseinstellung durch Perfusionist:innenliefern. Berufliche Erfahrung in Kombination mit den Leistungsdaten des Oxygenators scheinen die ausschlaggebenden Parameter bei der Einstellung des präoperativen FiO2 am Gasmischer an der HLM zu sein (Abb. 1). Obwohl nur begrenzte Daten über die Leistung der Oxygenatoren, wie z. B. die Sauerstofftransferraten, vorliegen, ist die Mehrheit der Perfusionist:innen in der Lage, ihren eigenen Ziel-paO2-Wert innerhalb der Grenzen von +/- 20 mmHg zu erreichen. Wie Turra et al. zeigen, ist eine objektive Berechnung mittels einer Formel möglich, um einen sicheren paO2– Zielbereich zu erreichen, und bietet hiermit eine Reduktion der Nebeneffekte von Hypo- bzw. Hyperoxie sowie eine gesteigerte Patientensicherheit im Vergleich zu der subjektiven Einstellung und Wahrnehmung von Perfusionist:innen [13]. In einer Studie von Cody et al. wird dargestellt, dass ein vorgegebener Sauerstoff-Zielbereich mithilfe eines Blutparameter-Monitorings CDI über einen längeren Zeitraum von Perfusionisten:innen aufrechterhalten werden konnte, entgegen der Kontrollgruppe, bei der es kein Überwachungstool gab.
Da die Blutgase einen wesentlichen Anteil für das Patientenoutcome haben, ist die technische Anwendung von Formeln und Monitoring im klinischen Alltag essenziell notwendig, um die Patientensicherheit zu steigern [6,7]. Präoperative Patientendaten sind für die meisten Perfusionist:innen bei der Entscheidungsfindung zur Erreichung eines bestimmten paO2 relevant. Geschlecht und NIRS scheinen in diesem Zusammenhang jedoch keine bedeutende Rolle zu spielen. Dies ist erstaunlich, da es einen geschlechtsspezifisch unterschiedlichen Sauerstoffverbrauch und eine geschlechtsspezifische Formel in der vorliegenden Literatur gibt [14,15]. Die aus unserer Umfrage hervorgehende Irrelevanz der NIRS-Technologie zur Abschätzung des FiO2 überrascht, da sich über NIRS der Sauerstoffzustand im Gehirn oder im Körper zuverlässig darstellen lässt und damit NIRS als wertvolles Überwachungsinstrument eingesetzt werden kann. Andererseits hat sich gezeigt, dass die NIRS in bestimmten Herzzentren nicht regelmäßig eingesetzt wird [16,17].
Die Ausstattung der HLM in deutschen Herzzentren besteht in der Regel aus einem elektronischen Gasmischer und einer Reihe verschiedener Schlauch- und Oxygenator-Sets, wie eine frühere Umfrage aus dem Jahr 2018 bestätigt [18]. Überraschenderweise ist die Sauerstofftransferrate des Oxygenators den Perfusionist:innen nur selten bekannt, dabei ist sie ein entscheidender Faktor für die Steuerung und das Erreichen eines bestimmten paO2. Soweit uns bekannt ist, geben die Hersteller von Oxygenatoren in der Regel Sauerstofftransferraten bei einem maximalen FiO2 von 1,0 an [18–20]. Die daraus resultierenden Sauerstofftransferraten wurden allerdings bei einem maximalen Blutfluss, einer konstanten Hämoglobinkonzentration und einer konstanten venösen Sauerstoffsättigung bestimmt und bilden die wechselwirkenden und patientenspezifischen Sauerstoffbedürfnisse von Patient:innen im klinischen Alltag nicht ab [5,11,15].
Die Uneinigkeit über die Vorteile des präzisen Erreichens eines bestimmten paO2– Wertes durch Anpassung des FiO2-Wertes am Gasmischer könnte mit der anhaltenden Kontroverse zusammenhängen, ob eine Hyperoxie während der EKZ für die Patient:innen schädlich ist. Daraus folgt jedoch nicht unbedingt, dass „zu viel” Sauerstoff die beste Lösung für „zu wenig” ist. Während die Schäden durch eine schwere Hypoxie bekannt sind, sind die Auswirkungen einer Hyperoxie weniger klar. Klinische Studien aus verschiedenen Bereichen zeigen, dass eine perioperative Hyperoxie mit unerwünschten Ereignissen, wie einem erhöhten Auftreten kardiovaskulärer Komplikationen wie z. B. Herzrhythmusstörung, einem längeren Verbleib auf der Intensivstation und längeren Beatmungszeiten verbunden sein kann [7,21–23]. Es sollte verstärkt darauf geachtet werden, mit welcher Präzision Sauerstoff verabreicht wird, vermutlich insbesondere bei Patient:innen mit akutem Myokardinfarkt, da die Wirkung der Hyperoxie in dieser Gruppe besonders ausgeprägt sein kann. Darüber hinaus hat Hyperoxie eine gefäßverengende Wirkung und kann zu einer heterogenen Perfusion und zu Gewebeschäden führen [8,24,25].
Trotz der Tatsache, dass die derzeitigen Erkenntnisse nicht ausreichen, um optimale Sauerstoffziele zu bestimmen, ist es wichtig, eine Formel zu entwickeln, mit der es möglich ist, ein vordefiniertes Ziel zu erreichen. Wir halten es daher für sinnvoll, einen elektronischen Luft/Sauerstoff-Gasmischer zu entwickeln, der in der Lage ist, den FiO2 in Abhängigkeit von Patienten- und Oxygenatorfaktoren automatisch anzupassen. Dies würde der Perfusion die Möglichkeit geben, den paO2 in festgelegten Grenzen eng zu steuern und damit Hyperoxie-Zustände im Sinne einer zielgerichteten Perfusion zu verhindern [26–30].
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass unsere Umfrage einen ersten Überblick darüber gibt, nach welchen Kriterien die präoperative Auswahl des FiO2 am Gasmischer der HLM getroffen wird. Berufserfahrung und Leistungsdaten des Oxygenators waren die vorherrschenden Faktoren im Entscheidungsprozess für die Einstellung. Für eine repräsentativere Analyse muss die Berufserfahrung in einer weiteren Befragung nach Abschluss, Berufsstatus, Jahren der Berufserfahrung und Alter der Perfusionist:innen differenziert werden.
DANKSAGUNG
Ein großer Dank geht an die Kolleg:innen aus Deutschland, die an dieser Umfrage teilgenommen haben, sowie an meine Betreuer, Dr. med. Christoph Eisner und Prof. Dr. med. Volker Wenzel. Des Weiteren bin ich sehr dankbar, dass ich während meiner Masterthesis mit dem Josef Güttler Stipendium unterstützt wurde.
INTERESSENKONFLIKTE
Die Autoren erklären, dass sie keine persönlichen Interessenkonflikte haben. Das Umfragetool SurveyMonkey wurde kostenlos über die Website genutzt. Die Auswertung wurde unabhängig durchgeführt.