Zusammenfassung
Hintergrund: Die Transfusion von Erythrozytenkonzentraten (EK) geht mit Nebenwirkungen einher, welche u. a. auch durch Lagerungsschäden an Erythrozyten hervorgerufen werden. Mehrere Studien konnten den Nachweis erbringen, dass die negativen Effekte durch Anwendung einer maschinellen Autotransfusion (MAT) minimiert werden können. Die Auswirkungen der MAT-Anwendung auf die DEHP (Di-2-(ethylhexyl)-phthalat)-assoziierte Migration aus Blutbeuteln bei gelagerten Erythrozyten wurde in dieser Studie untersucht. Weiterhin wurde analysiert, ab welchem Lagerungszeitraum eine MAT-Anwendung indiziert scheint.
Material und Methode: In der vorliegenden prospektiven In-vitro-Vergleichsstudie wurden 30 gelagerte EK auf DEHP und das Abbauprodukt MEHP (Mono-(2-ethylhexyl)-phthalat) vor dem Waschen (M1), unmittelbar nach dem Waschen (M2) sowie 24 h nach der Waschung (M3) untersucht. Die EK wurden nach ihrer unterschiedlichen
Lagerungsdauer in 3 Subgruppen aufgeteilt (Gruppe 1: 7 Tage (n = 10); Gruppe 2: 14 Tage (n = 10); Gruppe
3: 37 Tage (n = 10)) und ungewaschen oder nach Waschung mit einem MAT-Gerät (Xtra, LivaNova) untersucht. Die Analysen erfolgten mit Hilfe der Flüssigkeitschromatographie-Tandemmassenspektrometrie
(LC-MS/MS). Für die Auswertung wurde die DEHP- und MEHP-Belastung zu einem DEHP-Äquivalent (DEHP Eq) zusammengefasst, berechnet aus den jeweiligen Molekulargewichten. Die statistische Auswertung der DEHP-assoziierten Migration erfolgte mit einem verbundenen t-Test und die Subgruppenanalyse mit einer univariaten ANOVA-Analyse nach Bonferroni-Korrektur.
Ergebnis: Das DEHP Eq betrug in ungewaschenen EK (M1) in der Gruppe 1 (7 Tage): 13.273 ± 1508 μg/l, Gruppe 2 (14 Tage): 17.974 ± 2920 μg/l und Gruppe 3 (37 Tage): 33.060 ± 4949 μg/l. In allen 3 Gruppen kam es durch die MAT-Anwendung zu einer signifikanten Reduktion des DEHP Eq (M2 = Gruppe 1: 34 ± 5 %; Gruppe 2: 31 ± 5 % und Gruppe 3: 39 ±8 %). Nach dem Waschen und Lagern über 24 Stunden bei Raumtemperatur im
mitgelieferten MAT-Retransfusionsbeutel kam es in allen Gruppen zu einem erneuten signifikanten
Anstieg der DEHP Eq-Belastung [Gruppe 1 (7 Tage): 14.095 ± 1225 μg/l (+5395 ± 971 μg/l); Gruppe 2 (14 Tage): 17.413 ± 3119 μg/l (+4955 ± 2543 μg/l); Gruppe 3 (37 Tage): 23.586 ± 1886 μg/l (+3558 ± 1756 μg/l)].
Diskussion: Durch die Anwendung der MAT ist es möglich, die DEHP-Belastung von gelagerten EK, unabhängig von ihrer Lagerzeit, signifikant zu verringern. Der erneute Anstieg nach dem Waschen, welcher
auf nicht DEHP-freie MAT-Einmalprodukte zurückzuführen ist, konterkariert den Erfolg durch die MAT-Anwendung.
Einleitung
Ein Großteil der im Klinikalltag benötigten Medizinprodukte (Bauteilkomponenten, medien- und blutführende Schläuche, Blutkonservenbeutel) bestehen aus Polyvinylchlorid (PVC). Durch die Zugabe von Additiven wird die PVC-Matrix so verändert, dass sie die geforderten Eigenschaften für medizinische Kunststoffe aufweisen (Flexibilität, Transparenz, Stabilität). Dabei sollte das medizinische PVC im direkten und indirekten Kontakt mit dem menschlichen Organismus verträglich sein. Medizinisches PVC besteht zu bis zu 40 % seines Gesamtgewichts aus Weichmachern, welche allerdings keine chemische Bindung mit der PVC-Matrix eingehen und so vergleichsweise leicht wieder aus ihr herausgelöst werden können. Patienten, die beispielsweise durch eine Bluttransfusion, eine Hämodialyse oder eine extrakorporale Zirkulation behandelt werden, kommen mit vielen verschiedenen medizinischen Einwegprodukten aus Weich-PVC in Berührung. Diese setzen dabei signifikante Mengen an Weichmachern in das Kontaktmedium frei, welche dann vom Patienten aufgenommen werden [1]. Gegenüber den am häufigsten verwendeten Weichmachern, DEHP (Di-2-(ethylhexyl)phthalat) und anderen Phthalaten, bestehen schwerwiegende toxikologische Bedenken hinsichtlich ihrer Wirkung auf endokrine Funktionen, die wiederum zu Entwicklungs- und Reproduktionsschädigungen führen können [2–6].

DEHP wird darüber hinaus als möglicherweise krebserregend für den Menschen eingestuft [7]. Folgerichtig wurde bereits 2005 der Einsatz von DEHP und einigen anderen Phthalaten in Spielzeug und Babyartikeln von der Europäischen Union (EU) verboten [8]. In Medizinprodukten dagegen wird DEHP bis heute, auch bei besonders sensiblen Patientengruppen wie Schwangeren, Neugeborenen und Säuglingen, eingesetzt [9]. Die Europäische Verordnung Nr. 2017/745 für Medizinprodukte empfiehlt, dass die Konzentration von CMR-Stoffen (C: carcinogen; M: mutagen; R: reproduktionstoxisch) in Medizinprodukten (Kategorie 1A oder 1B) wie z. B. DEHP 0,1 % nicht überschreiten sollten. Ein unabhängiger wissenschaftlicher Ausschuss der Europäischen Kommission postuliert jedoch nach wie vor, dass die Vorteile von DEHP in Medizinprodukten vermutlich gegenüber den Risiken einer Exposition von Patienten überwiegen [4, 10]. Die von der Europäischen Kommission festgelegte tolerierbare tägliche Aufnahmemenge (tolerable daily intake, TDI) von DEHP liegt bei 50 µg/kg Körpergewicht und wird nachweislich bereits bei einfachen und kurzen medizinischen Eingriffen, z. B. mittels extrakorporaler Zirkulation (EKZ), um ein Vielfaches überschritten [1, 11-13]. Eine Ursache sind die verwendeten DEHP-haltigen Schläuche der EKZ. Diese können durch alternative Weichmacher ersetzt werden, was die DEHP-Exposition des EKZ-Sets ca. um den Faktor 100 reduziert [12, 13]. Ein viel größeres Problem, vor allem in der Behandlung von Säuglingen und Kindern, stellen die verwendeten Blutprodukte dar, da z. B. die Lagerung von Erythrozyten aktuell fast ausschließlich in DEHP-haltigen PVC-Beuteln stattfindet. Je nach Lagerdauer migriert hierbei DEHP und dessen Abbauprodukt Mono-2-ethylhexylphthalat (MEHP) in die zu transfundierenden Erythrozyten und führt somit direkt zu einer inneren Belastung der behandelten Patienten [1, 14] (Abb. 2).

DEHP-haltiger Lagerbeutel für Blutprodukte
Die Transfusion von EK ist neben der DEHP-Belastung noch mit anderen Nebenwirkungen assoziiert. Bedingt durch die unphysiologische Lagerung bestehen je nach Lagerzeit Zellfunktionsstörungen mit eingeschränktem Metabolismus. Es gibt in der Literatur mehrere Ansätze zur Nachbehandlung von gelagerten EK, um die negativen Effekte der nicht vermeidbaren Lagerungsschäden zu reduzieren. Neben verschiedenen neuartigen Additivlösungen [15, 16] steht die MAT-Behandlung von EK vor einer Transfusion zur Verfügung. Huber et al. wählten hierbei den Ansatz einer bikarbonatgepufferten Hämofiltrationslösung ohne Kalium zur MAT-Behandlung von EK und konnten neben der Verbesserung des Säure-Base-Haushaltes im Lagermedium eine verbesserte Stabilität der Erythrozyten nachweisen [17]. MAT-Geräte, die umgangssprachlich auch als Cell-Saver bezeichnet werden, sind in vielen Krankenhäusern routinemäßig zur operativen Blutaufbereitung im Einsatz und stehen somit für eine EK-Waschung vor einer möglichen Transfusion zur Verfügung.
Fragestellung
Die vorliegende prospektive In-vitro-Vergleichsstudie untersucht die Reduktion von freigesetzten Additiven mittels maschineller Autotransfusion bei einer definierten Lagerdauer von Erythrozytenkonzentraten.
Gesetzliche Rahmenbedingungen zur Anwendung der MAT
Im Transfusionsgesetz (TFG) wird neben allgemeinen Regelungen des Transfusionswesens im Gesetz selbst auf die Regelung von Details in den Richtlinien nach § 12a und 18 TFG verwiesen. Die aktuelle Richtlinie „Hämotherapie“ von der Bundesärztekammer im Einvernehmen mit dem Paul-Ehrlich-Institut enthält neben allgemeinen Informationen zur Gewinnung von Blut und Blutbestandteilen und zur Anwendung von Blutprodukten einen speziellen Abschnitt (3.2.1.3) „gewaschene Erythrozytenkonzentrate“. In einem geschlossenen System kann unter der Verwendung einer isotonischen Lösung das gelagerte Erythrozytenkonzentrat mehrfach gewaschen werden. Die anschließende Resuspendierung kann in einer isotonischen Kochsalzlösung oder alternativ in einer Additivlösung erfolgen [18]. Gewaschen werden dürfen allerdings nur EK, die den allgemeinen Anforderungen der Transfusionsrichtlinie entsprechen. Die anschließende Lagerungsdauer hängt von der durchgeführten Validierung des Prozesses ab, in dem der Hämatokrit, der Gesamt-Hb, die Hämolyserate und der Proteingehalt bestimmt werden (Tab. 1).

Maschinelle Autotransfusion
Die Durchführung der maschinellen Autotransfusion (MAT) für den klinischen Alltag ist wissenschaftlich sehr gut untersucht. MAT-Geräte werden in verschiedenen operativen Disziplinen zur intraoperativen Saugerblutaufbereitung angewandt. Das Funktionsprinzip basiert auf einer Zentrifugation, welche die einzelnen Blutbestandteile nach ihren Sedimentationskoeffizienten auftrennt. Intraoperativ gesammeltes Saugerblut enthält aktivierte Bestandteile und Spüllösung, wird gewaschen und anschließend in Erythrozytenkonzentrat und Abfallblut aufgespalten. Eine größendefinierte Waschglocke führt dem zentrifugierten EK eine Waschlösung zu, um die Erythrozyten zu umspülen und hierbei störende Bestandteile im Sammelblut abzutrennen. Überschüssiges Volumen wie z. B. Plasma und Zelltrümmer werden aus der Glocke in den Abfallbeutel geleitet, um sie zu verwerfen. Reine Erythrozyten stehen auf diese Weise aufbereitet für die Patientenretransfusion zur Verfügung.
Material und Methoden
Studiendesign
In der vorliegenden prospektiven In-vitro-Vergleichsstudie wurden 30 leukozytendepletierte inlinegefilterte EK in einer Phosphat-Adenin-Glukose-Guanosin-Saline-Mannitol-Stabilisierungslösung (PAGGS-M) untersucht. Die verwendeten EK wurden von der transfusionsmedizinischen und hämostaseologischen Abteilung des Universitätsklinikums Erlangen zur Qualitätssicherung zur Verfügung gestellt. Alle EK erfüllten die gesetzlichen und klinikinternen Vorgaben zur Herstellung, Prüfung und Lagerung von Erythrozyten. Die Aufteilung der EK erfolgte nach Länge der Lagerzeit (Gruppe 1: 7 Tage (n = 10); Gruppe 2: 14 Tage (n = 10); Gruppe 3: 37 Tage (n = 10)). Untersucht wurde der Einfluss der MAT auf die DEHP-Migration. Hierzu wurden in den EK sowohl der Gehalt des Weichmachers DEHP und dessen Abbauprodukt MEHP an 3 verschiedenen Messzeitpunkten untersucht: vor (M1), unmittelbar nach (M2) sowie 24 h nach MAT (M3). Alle Waschungen erfolgten unter gleichen Bedingungen und mit einem für EK-Waschungen zugelassenen MAT-Gerät [20]. Das MAT-Gerät wurde mit einer 175 ml Latham-Glocke (Bowl Set X/175, LivaNova) und einem Reservoir (Xres T Blood Collection Reservoir Filtered 40µm Top Outlet, LivaNova) bestückt.
Versuchsablauf
Über ein DEHP-freies Infusionssystem (Intrafix, Braun) wurde das Reservoir mit 1000 ml DEHP-freier, Jonosteril-Vollelektrolyt-Infusionslösung (Fresenius Kabi) vorgefüllt, angereichert mit 25.000 I.E. Heparin (Heparin-Natrium-25000-ratiopharm, Ratiopharm). Das zu waschende EK wurde mit einem ebenfalls DEHP-freien Transfusionsbesteck (Sangofix, B. Braun), unter Umgehung des Tiefenfilters, mit 150 mmHg Vakuum in das Reservoir gesaugt. Mittels 3-Wege-Hahn vor dem Reservoir wurde eine Probe (M1) entnommen (Abb. 3).
Das MAT-Gerät wurde mit dem standardisierten Waschprogramm „Programm optimal“ (Popt) betrieben. Vor der MAT-Waschung wurde das Reservoir händisch geschwenkt, um eine optimale Durchmischung zu erreichen und anschließend die Zentrifuge mit 5600 U/min gestartet. Initial wurde die Glocke mit 300 ml/min Reservoirblut gefüllt. Im Anschluss wurden 1000 ml Waschlösung mit einer Geschwindigkeit von 450 ml/min zum Waschen zugeführt. Geleert wurde die Zentrifuge mit 400 ml/min über die „Leeren“-Linie, an deren Ende sich ein Retransfusionsbeutel befindet. Nach der ersten aufbereiteten Glocke reichte das verbleibende Volumen im Reservoir nicht aus, um eine zweite komplette Glocke aus dem Reservoir zu füllen. Aus diesem Grund wurde das Programm „letzte Glocke“ gewählt. Hierbei wird das Volumen aus dem Reservior komplett in die Waschglocke gesaugt und der Rest wurde mit dem schon aufbereiteten Volumen aus dem Retransfusionsbeutel befüllt, um eine optimale Waschung zu erreichen. Nach Abschluss des Zyklus „letzte Glocke“ wurde das aufbereitete EK im Retransfusionsbeutel beprobt (M2). Das gewaschene EK wurde vom MAT-Gerät diskonnektiert und bis zur Messung (M3) für 24 h bei Raumtemperatur im mitgelieferten Retransfusionsbeutel gelagert. Nach dieser Zeit erfolgte eine leichte Durchmischung der Lösung mit der anschließenden Abnahme der Probe M3 (Abb. 3).

Analysen
Alle 90 gewonnenen Blutproben (M1; M2; M3) wurden jeweils in eine 5 ml-Glasküvette überführt und bis zur Analyse bei –20 °C gelagert. Die anschließende Analyse auf DEHP und MEHP erfolgte mittels Flüssigkeitschromatographie und nachgeschalteter Tandem-Massenspektrometrie (LC-MS/MS) [21, 22]. Die Quantifizierungsgrenzen (limit of quantitation; LOQ) für DEHP und MEHP lagen bei 5 bzw. 2 µg/l EK.
Statistik
Zur vergleichbaren Beurteilung der Gesamtbelastung von DEHP in den EK-Proben wurde ein DEHP-Äquivalent (DEHP Eq) unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Molekularmassen von DEHP und dem Abbauprodukt MEHP ermittelt. Somit errechnete sich ein Umrechnungsfaktor 1,403 bei der proportionalen Gegenüberstellung der Molekulargewichte.

Daraus folgte die Berechnung der DEHP-Äquivalente
Zur statistischen Auswertung wurden die Werte des DEHP Eq in SPSS für Windows (Version 24 SPSS Inc., USA) überführt. Die statistische Auswertung erfolgte mit einem gepaarten t-Test zwischen den Messzeitpunkten. Für die Subgruppenanalyse in Bezug auf das Alter der gelagerten Erythrozyten wurde eine univariaten ANOVA-Analyse durchgeführt. Als Post-hoc-Tests wurden gepaarte t-Tests verwendet, wobei die p-Werte mittels der Bonferroni-Methode adjustiert wurden. Für alle Variablen ist der Mittelwert ± Standardabweichung (SD) mit einem Konfidenzintervall von 95 % (CI95) angegeben. Alle Tests wurden zweiseitig mit einem Signifikanzniveau von α= 0,05 durchgeführt.
Ergebnisse
Das DEHP Eq betrug in ungewaschenem EK (M1) in der Gruppe 1 (7 Tage): 13.273 ± 1508 µg/l, Gruppe 2 (14 Tage): 17.974 ± 2920 µg/l und in Gruppe 3 (37 Tage): 33.060 ± 4949 µg/l. In allen 3 Gruppen kam es durch die MAT-Anwendung im Vergleich zu M1 zu einer signifikanten Reduktion des DEHP Eq zum Messzeitpunkt M2 (Gruppe 1 (7 Tage –34 ± 5 %): 8700 ± 750 µg/l, Gruppe 2 (14 Tage –31 ± 5 %): 12.361 ± 1947 µg/l und Gruppe 3 (37 Tage –39 ± 8 %): 20.029 ± 1910 µg/l). Nach dem Waschen und Lagern für 24 Stunden bei Raumtemperatur im mitgelieferten MAT-Retransfusionsbeutel (MAT-Set, LivaNova) kam es in allen 3 Gruppen beim Messzeitpunkt M3 zu einem erneuten signifikanten Anstieg der DEHP Eq-Belastung (Gruppe 1 (7 Tage): 14.095 ± 1225 µg/l (+5395 ± 971 µg/l); Gruppe 2 (14 Tage): 17.413 ± 3119 µg/l (+4.955 ± 2543 µg/l); Gruppe 3 (37 Tage): 23.586 ± 1886 µg/l (+3558 ± 1756 µg/l)) (Abb. 4; Tab. 2). In der univariaten ANOVA-Analyse zeigen sich in der Gesamtbetrachtung (M1 vs. M3) der Versuchsreihe, dass nur in der Gruppe 3 (37 Tage) die DEHP-Belastung durch MAT-Waschung signifikant verringert wird (Tab. 2).

Eq-Anstieg während der 24-Stunden-Lagerung im mitgelieferten MAT-Retransfusionsbeutel (M3;oranger Balken); Mittelwert mit Standardabweichung

Diskussion
Eine DEHP-Belastung durch DEHP-haltige Erythrozytenlagerbeutel wurde bereits von mehreren Autoren beschrieben [1, 14, 23–25]. Eine Strategie zur Senkung der DEHP-Belastung von EK ist eine möglichst kurze Lagerzeit, alternativ kann eine Nachbehandlung der EK durch MAT erfolgen. In der vorliegenden Studie wurde die Migrationsrate des Weichmachers DEHP und dessen Abbauprodukt MEHP unter Berücksichtigung der Lagerzeit der EK (7; 14; 37 Tage) und der MAT-Behandlung ermittelt. Durch die MAT-Anwendung konnte unabhängig von der Lagerzeit, eine signifikante Reduktion der DEHP-Belastung in den behandelten EK nachgewiesen werden. Somit kann aus Sicht der Autoren eine MAT-Behandlung von gelagerten EK jeglichen Alters zur Verringerung der DEHP-Belastung empfohlen werden. Die Ergebnisse aus der vorgeschalteten Pilotstudie unserer Arbeitsgruppe mit einem älteren MAT-Gerät konnten wir somit reproduzieren [14]. Die behandelten EK der Pilotstudie waren mit 31,2 ± 8,8 Tagen im Vergleich zur vorliegenden Studie mit 19,3 ± 13 Tagen deutlich älter. Nach MAT-Behandlung der Blutkonserven konnte eine Reduktion des DEHP-Gehaltes um 49 ± 17 % sowie des MEHP-Gehalts um 83 ± 10 % vs. eines DEHP-Gehalts um 37 ± 20 % und des MEHP-Gehalts 89 ± 2 % in der vorliegenden Studie ermittelt werden. Erschreckenderweise wurden unsere Bemühungen, die DEHP-Belastung in den EK zu reduzieren, offenbar durch DEHP-haltige Komponenten des MAT-Waschsystems konterkariert (Abb. 5). Die DEHP-Belastung in allen 3 Gruppen ist nach einer Aufbewahrungszeit von 24 h in den MAT-Beuteln bei Raumtemperatur wieder signifikant angestiegen (Gruppe 1: (7 Tage) 38 ± 5 %; Gruppe 2 (14 Tage) 28 ± 11 % und Gruppe 3: (37 Tage) 15 ± 7 %). Für die Gruppen 1 und 2 mit 7 Tage und 14 Tage alten EK näherte sich dieser der ursprünglichen DEHP-Belastung vor der MAT-Behandlung wieder an. Somit würde nach einer Aufbewahrungszeit bis zur Transfusion des gewaschenen EK von 24 Stunden im mitgelieferten Retransfusionsbeutel nur noch bei länger gelagerten EK eine signifikante Reduktion der DEHP-Belastung durch die MAT-Behandlung erreicht werden. Hier muss allerdings entgegengehalten werden, dass MAT-hergestellte Blutprodukte im klassischen Sinne nicht lagerungsfähig sind und die gesetzlichen Vorgaben eine Transfusion innerhalb von 6h vorsehen [18, 26, 27].
Bezogen auf die Studienergebnisse darf bezweifelt werden, dass die Medizinproduktehersteller ihrer Verpflichtung nachgegangen sind, vermehrt gleichwertige alternative Medizinprodukte anzubieten, um damit die Nachfrage nach DEHP-freien Medizinprodukten zu erhöhen [25]. Die neue Medical Device Regulation (MDR) verlangt eine Begründung für die Verwendung von CMR-Stoffen in Medizinprodukten [28]. Während die BfArM aktuell noch bei Anwendern und Herstellern auf eine Art Selbstverpflichtung setzt, alternative DEHP-freie Medizinprodukte zu verwenden. Außerdem wird gefordert, dass DEHP-haltige Medizinprodukte nicht bei Risikogruppen angewendet werden dürfen, wenn Alternativprodukte zur Verfügung stehen. Wenn auf DEHP bei Risikogruppen verzichtet werden soll, muss die Frage der logistischen Umsetzbarkeit diskutiert werden. Was hinderte die Hersteller bisher daran, die Medizinprodukte nicht umgehend auf Alternativen umzustellen? So könnten alle Patienten vorbeugend geschützt werden, auch wenn aktuell noch keine belastbaren Humanstudien vorliegen, die eine allgemeine Patientengefährdung nach dem heutigen Wissensstand belegen. Allerdings sollten die Effekte von DEHP auf das endokrine System nicht bagatellisiert werden [2–6, 29]. Bezogen auf Blutlagerbeutel konnten van der Meer und Mitarbeiter, die systematische Nicht-Umsetzung von Absichtserklärungen bzw. Selbstverpflichtung der Blutbanken und Industrie auf alternative Medizinprodukte umzusteigen, feststellen. Hierfür wurden 15 Blutbanken aus 9 Ländern befragt, ob sie auf DEHP-haltige Lagerbeutel verzichten würden. Einige Blutbanken würden eine kürzere Lagerzeit und wiederum andere eine höhere Hämolyserate innerhalb der gesetzlichen Vorgaben in Kauf nehmen. Obwohl einige Studien sogar zeigen konnten, dass alternative Kunststoffbeutel in Kombination mit neuen alternativen Lagerlösungen die Erythrozytenqualität sogar verbessern, würden es 8 der befragten Blutbanken nicht umsetzen, da sie die damit verbundenen aufwändigen In-vitro-Validierungen scheuen. Darüber hinaus würden 14 von 15 Zentren erst dann eine Umstellung auf alternative Lagerbeutel vornehmen, wenn die gesetzlichen Vorgaben es fordern, um die aktuell höheren Kosten der Alternativen bis dahin einzusparen [30].
Zusätzliche positive Nebeneffekte durch Waschen gelagerter Erythrozyten
Die Lagerung von EK ist immer mit dem Verlust von 2,3-Diphosphoglycerat und einer zunehmenden Zellschädigung durch Zellabbau mit Freisetzung von Kalium, erhöhtem Laktat und Veränderungen des Elektrolythaushaltes sowie einer Verformung von Erythrozyten verbunden. Es gibt in der Literatur mehrere Ansätze zur Nachbehandlung gelagerter EK, um die nicht vermeidbaren Lagerungsschäden zu reduzieren. Neben verschiedenen neuartigen Additivlösungen steht eine MAT-Behandlung zur Verfügung [14, 31–35]. Kwapil et al. konnten in einem Seitenarm der vorliegenden Studie nachweisen, dass eine MAT von gelagerten EK für einen wiederkehrenden Metabolismus der Erythrozyten sorgt. Bei der Verwendung einer Vollelektrolytlösung mit Glukose als Waschlösung konnte sogar ein Anstieg des Adenosintriphosphat-Gehalts (ATP) sowie die wiederkehrende Funktion der Natrium-Kalium-Pumpe nach der MAT-Behandlung gemessen werden. Das ATP in den Erythrozyten ist mit der Überlebenswahrscheinlichkeit der Erythrozyten nach der Transfusion gleichzusetzen [36]. Durch eine vorherige MAT-Behandlung konnten überschüssige Lagerungsmedien und lagerbedingte Abbauprodukte signifikant reduziert werden (Kalium-, Laktat-, Glukose- und Citrat-Konzentration). Ein weiterer Vorteil des Waschens mit der Vollelektrolytlösung war das physiologischere Elektrolytspektrum der gewaschenen EK [37].

Limitation der Studie
Die 24-Stunden-Nachbeobachtungszeit im Retransfusionsbeutel übersteigt die gesetzlich zulässige Lagerung zur Retransfusion von gewaschenen bzw. geöffneten EK deutlich. Allerdings wurde diese verlängerte Lagerzeit aus wissenschaftlich methodischen Erwägungen gewählt, um mögliche Remigrationseffekte hinreichend zuverlässig zu detektieren.
Schlussfolgerung
Eine DEHP-Belastung durch DEHP-haltige Erythrozytenlagerbeutel ist seit den 1980er Jahren bekannt. In der vorliegenden Studie konnte nachgewiesen werden, dass es grundsätzlich möglich ist, durch Nachbehandeln von EK eine signifikante Reduktion der DEHP-Belastung unabhängig von der Lagerzeit zu erreichen. Somit kann aus Sicht der Autoren eine MAT-Behandlung von gelagerten EK jeglichen Alters zur Verringerung der Patienten-DEHP-Belastung empfohlen werden. Der DEHP-Anstieg nach dem Waschen war auf DEHP-haltige MAT-Einmalprodukte zurückzuführen. Diese Problematik muss mit dem Hersteller der Systeme kritisch diskutiert werden. Bevor ein DEHP-haltiges MAT-Wasch-Set bei Risikogruppen Anwendung findet, sollte deshalb genau geprüft werden, ob der medizinische Nutzen überwiegt oder besser alternative Medizinprodukte ohne relevante Nachteile für den Patienten zur Verfügung stehen [4]. Für die Verwendung DEHP-haltiger Medizinprodukte sind die gesetzlichen Richtlinien eindeutig. Von dem Einsatz DEHP-haltiger Medizinprodukte darf keine nennenswerte DEHP-Exposition ausgehen.
Fazit für die Praxis
Vorteile der MAT-Behandlung von gelagerten EK:
– MAT reduziert die DEHP-Belastung von Erythrozytenkonzentraten signifikant.
– EK, die ≥ 37 Tage gelagert wurden, sollten immer mit einer Vollelektrolytlösung mit Glukose gewaschen werden, um ein „aufgefrischtes“ phthalatarmes physiologisches Erythrozyten-Konzentrat zu erhalten.
– MAT von Erythrozytenkonzentraten erhöht die Überlebenswahrscheinlichkeit der transfundierten Erythrozyten
Interessenkonflikte
Die verwendeten Einmalprodukte wurden durch LivaNova Deutschland GmbH zur Verfügung gestellt. Die Studie folgte den Richtlinien der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis und wurde gemäß den Vorgaben der Denkschrift der Deutschen Forschungsgemeinschaft zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis durchgeführt. Von Seiten des Medizintechnikunternehmens gab es zu keiner Zeit Einflussmöglichkeiten. Ein Interessenkonflikt lag der Studie somit zu keinem Zeitpunkt vor. Dieser Beitrag beinhaltet keine Studien an Menschen oder Tieren. Die Transfusionsmedizin des Universitätsklinikums Erlangen stufte die Studie als Qualitätssicherungsuntersuchung ein, sodass es für die Durchführung keines dezidierten Ethikvotums bedurfte.