Bericht zur DGTHG- Jahrestagung 2025 – „Tradition und Transformation“

KARDIOTECHNIK Ausgabe:
02-2025

Autor:innen

Jasper Heller

Vom 13. bis 16. Februar 2025 fand in Hamburg die 54. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie (DGTHG) statt – erneut in bewährter Kooperation mit der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Kardiologie und Angeborene Herzfehler (DGPK). Unter dem Leitthema „Tradition und Transformation“ versammelte der Kongress erneut hunderte Fachleute, um sich über aktuelle Entwicklungen, technische Innovationen und (berufs-)politische Rahmenbedingungen im Umfeld der Herzmedizin auszutauschen. Auch die Deutsche Gesellschaft für Perfusiologie und Technische Medizin (DGPTM) war inhaltlich vertreten – unter anderem mit einer gemeinsamen Joint Session mit der DGTHG, die aus unserer Perspektive einen besonders relevanten Akzent einbrachte.

Kraftvolle Worte zum Auftakt

Prof. Dr. med. Volkmar Falk

Ein besonderes Glanzlicht gleich zu Beginn der Veranstaltung setzte der scheidende DGTHG-Präsident Prof. Dr. med. Volkmar Falk. In einer eindringlichen Ansprache appellierte er an seine Kolleg:innen, Verantwortung über den OP hinaus zu übernehmen – für ein demokratisches, tolerantes und inklusives Miteinander. Er machte unmissverständlich deutlich: Die Herzchirurgie in Deutschland wäre ohne Migration nicht funktionsfähig – Diskriminierung und Rassismus dürften daher weder im Klinikalltag noch in Fachgesellschaften einen Platz haben. Seine Botschaft: „Sie alle haben Ihr Können darauf verwendet, Leben zu retten – und darauf können Sie zu Recht stolz sein, egal ob Ihr Nachname Müller oder Yilmaz ist.“

Gerade in Zeiten gesellschaftlicher Polarisierung rief Falk dazu auf, Haltung zu zeigen und sich gegen populistische Versuchungen zu stellen. Ärzt:innen seien nicht nur medizinische Fachkräfte, sondern auch Stimmen mit Gewicht – und in der Pflicht, aktiv an einem respektvollen gesellschaftlichen Miteinander mitzuwirken.

Seine Worte trafen ins Mark – mutig, klar und notwendig. Der langanhaltende Applaus sprach für sich.

Mit Prof. Dr. med. Torsten Doenst (Jena) übernimmt nun ein ebenso profilierter Herzchirurg die Präsidentschaft der DGTHG. Ihm gelten unsere herzliche Gratulation und die besten Wünsche für seine Amtszeit.

Zwischen Wandel und Kontinuität: das Kongressmotto

Das diesjährige Motto „Tradition und Transformation“ wurde insbesondere durch die einleitenden Worte des Tagungspräsidenten Prof. Dr. Jochen Börgermann (Duisburg) mit Leben gefüllt. Die Herzmedizin stehe – so Börgermann – inmitten tiefgreifender technischer, struktureller und gesellschaftlicher Umwälzungen. Interventionelle Verfahren, Digitalisierung, Fachkräftemangel und die geplante Krankenhausreform seien nur einige Aspekte, die bewährte Strukturen herausforderten und zur kontinuierlichen Anpassung zwingen.

Der Kongress zeigte eindrucksvoll, wie sehr sich die Herzmedizin dabei stets neu erfindet – ohne die eigenen Wurzeln zu vergessen. Eine Balance, die sich durch viele Sessions und Diskussionen zog.

Thematische Schwerpunkte: Technik, KI und Gender-Medizin

Thematisch zeigte sich der Kongress erneut vielseitig. Neben klassischen herzchirurgischen Themen und innovativen Ver- fahren rückten auch Fragen der Gender-Medizin stärker in den Fokus. Die prominente Platzierung des Themas gleich zu Beginn des Kongresses – in der Session „Frauenherzen in der Herzchirurgie: gleichberechtigte Chancen und Perspektiven“ – kann dabei durchaus als Zeichen gewertet werden.

Prof. Dr. med. Hassina Baraki (Göttingen) zeigte eindrücklich auf, dass sich die Symptomatik bei Frauen – etwa bei Myokardinfarkten – deutlich von der männlichen unterscheidet und auch therapeutische Maßnahmen oft unausgewogen angewendet werden. So erhalten Frauen in Studien signifikant seltener eine Guideline-treue LIMA-LAD Versorgung und verfügen über kleinere Koronargefäße – ein Umstand, der operative Expertise und individualisierte Herangehensweisen erfordert. Der Fokus auf gendersensible Medizin ist somit nicht nur gerecht, sondern auch medizinisch notwendig.

DGTHG DGPTM: Joint-Session eCPR

Ein besonderes inhaltliches Highlight aus Sicht der DGPTM war die gemeinsame Session mit der DGTHG zum Thema „DGPTM/ DGTHG ECPR – Herausforderungen gemeinsam lösen“. Unter dem Vorsitz von Dr. Frank Münch (Erlangen) und Ingo Kutschka (Göttingen) wurde das Thema extrakorporale kardiopulmonale Reanimation aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet – mit dem Ziel, ein möglichst breites Bild der aktuellen Herausforderungen sowie Lösungsansätze zu zeichnen.

Dr. Frank Münch und Prof. Dr. med. Ingo Kutschka
Maik Foltan (Regensburg)

Dr. Maik Foltan (Regensburg) gab daraufhin spannende Ein- blicke aus seiner Single-Center-Erfahrung zum Aufbau eines eCPR-Programms – inklusive wichtiger Lessons Learned und struktureller Anforderungen.

Im Anschluss setzte Prof. Dr. med. Bernd Niemann (Gießen) starke Akzente: Neben praxisrelevanten Aspekten ging er insbesondere auf ethische Fragen ein – etwa zur Indikationsstellung, der gerechten Verwendung knapper Ressourcen oder dem Schutz vor Übertherapie. Seine klare Botschaft: eCPR ist kein Trendinstrument für Einsteiger:innen, sondern bedarf konsequenter Schulung, robuster Strukturen und erfahrener Teams. Eine Einschätzung, die auch in der jüngsten Stellungnahme der DGPTM zum Einsatz der va ECMO unter außerklinischer eCPR in der Fachzeitschrift Die Perfusiologie (01/2025) unterstrichen wird.

Prof. Dr. Georg Trummer (Freiburg) widmete sich der Pathophysiologie der eCPR aus wissenschaftlicher Sicht. Besonders hervorzuheben war seine Einordnung der Reanimation als „Ganzkörper-Ischämie-Reperfusionsschaden“ und die kritische Auseinandersetzung mit dessen Einflussfaktoren wie z. B. der Hyperoxie. Trummer betonte zudem die Bedeutung eines engen Zeitfensters – idealerweise unter 30 Minuten – zur Implantation der Systeme.

Den Abschluss bildete Dr. Deniz Uluk (Heidelberg), der mitreißend das Konzept der Heidelberger Organ Care Unit vorstellte. Mit viel Engagement zeigte er verschiedene Strategien zur Organpreservation und betonte die Rolle von Perfusionist:innen in diesem hochdifferenzierten Therapiefeld – ein Vorgeschmack auf ein spannendes neues Aufgabenfeld innerhalb unseres Berufsbilds.

Organ Aorta: neue Leitlinien, neue Herausforderungen

Die Aorten-Guidelines aus dem Jahr 2024 hinterließen auch in diesem Jahr deutliche Spuren im Kongressprogramm. In der gleichnamigen Session „Organ Aorta“ am Sonntagmorgen wurde intensiv diskutiert, ob ein Aortic Center künftig als Versorgungsstandard zu sehen ist und welche infrastrukturellen Voraussetzungen dafür notwendig wären.

Braucht es eine feste Anbindung an die Gefäßchirurgie oder reichen enge Kooperationen? Die Diskussion verlief sachlich, teils emotional, mit starken Meinungen aus unterschiedlichen Perspektiven. Ein klares Fazit blieb aus, was einmal mehr zeigt, wie dynamisch sich dieses Feld aktuell entwickelt.

Austausch, Begegnung – und ein Wunsch für die Zukunft

Der Kongress bot wie gewohnt viele Gelegenheiten zum fachlichen Austausch, zu Diskussionen auf Augenhöhe und zum Wiedersehen mit bekannten Kolleg:innen. Besonders erfreulich war es, so viele Perfusionist:innen vor Ort begrüßen zu dürfen. Ein kleiner Kritikpunkt sei dennoch erlaubt: Wie im Vorjahr fiel die gemeinsame Session von DGPTM und DGTHG zeitlich mit der ebenfalls sehr relevanten Guideline-Session zusammen – eine Überschneidung, die viele bedauerten. Hier besteht aus Sicht der DGPTM Verbesserungspotenzial in der künftigen Programmgestaltung.

Fazit: fachlich stark – menschlich klar positioniert

Die DGTHG-Jahrestagung 2025 war mehr als ein Fachkongress – sie war ein klares Signal für Wandel, Offenheit und Verantwortung. Zwischen technisch-medizinischer Exzellenz, gesellschaftlicher Verantwortung und berufspolitischer Relevanz zeigte sich das Fachgebiet in all seiner Komplexität und ließ dennoch genug Raum für inspirierenden Austausch.

Die Organisation war wie gewohnt hervorragend, die inhaltliche Vielfalt inspirierend und der Beitrag der DGPTM erfreulich sichtbar. Der Weg der Transformation ist eingeschlagen und wir freuen uns, ihn als Fachgesellschaft aktiv mitzugestalten.

Jasper Heller, Bad Rothenfelde

Willkommen zur neuen Webseite

Nach über einem ¾ Jahr der Planung, intensiven Meetings, Codierung und Schreibarbeit ist am 13.01.2025 ist unsere neue Website live gegangen und wir sind stolz, hier ein neues Zuhause für unsere Mitglieder geschaffen zu haben. Zukünftig soll sie zur zentralen Plattform des Austauschs in unserer Community werden. Dafür arbeiten wir im Hintergrund an spannenden Erweiterungen.

Ein Highlight wird ein eigener „News“-Bereich sein, der euch stets über aktuelle Entwicklungen rund um Perfusion und technische Medizin informiert. Schaut regelmäßig vorbei und bringt euch ein – wir freuen uns auf eure Anregungen!

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